Bushaltestelle S-Bhf. Grunewald. Mit dem Omnibus ganz aristokratisch den Kurfürstendamm und die Königsallee entlanggefahren. Erstaunlich viele Menschen mittleren bis hohen Alters mit weißen Schirmmützen, weißen Poloshirts und weißen Sommerhosen hier. Alle steigen sie aus und biegen rechts ab, auf ihrem Weg zu den German Open. Fast meint man, das Stöhnen der Tennisdamen bis hierhin zu vernehmen. War aber doch nur der Busfahrer, der mit der Hydraulik seines Busses gespielt hat. Einreihen in die weiße Parade. Vorbei an prunkvollen Villen und kleinen Schlössern, die sich friedlich neben bungalow-artige 1-Geschosser gesellen. Verbunden nur durch den Wunsch ihrer Bewohner, an einem beschaulichen und sicheren Ort zu leben. Halt vor einem dieser Flachdach-Bauhaus-Erben. An der Eingangstür prangt das Schild: „Vorsicht! Wachsamer Nachbar.“ Na ja, rein da.
S-Bahnhof Unter den Linden. Hoch auf die Straße. Es ist schon dunkel. Ein Mobilfunkanbieter und der örtliche Energiebetreiber festbeleuchten die Straße. Die Bäume entlang des Asphalts sind nur noch Skelette aus Glühbirnen. Erstrecken sich bis zum Horizont, dahinter reckt sich ein Riesenrad in die Berliner Luft. Größer ist nur der Fernsehturm – der leuchtet noch weiter hinten. Bis dahin: Menschen und Autos. Viele davon Touristen, aus der weiten Welt und aus dem nahen Brandenburg. Dann eine Kutsche, kurfürstlich verziert mit prunkhaften Ornamenten und touristisch Platz bietend für mindestens 6 Personen. Die Pferde trotten gemütlich voran, halten brav an jeder roten Ampel. Das Ganze auf der linken der drei Spuren. Wieder rein in die Katakomben des ÖPNV.
Straßenbahnhaltestelle Winsstraße. Prenzlauer Berg. Rein in einen Kiez. Auf beiden Seiten kleine Geschäfte: Bäcker, Zeitungskiosk, Spätverkauf, Videothek, Kinderladen, Fahrradladen, auch ein Filmgeräteverleih. Rechts abbiegen. Links ein Brillenladen mit Gestellen im Stil der 50er und 60er. Junge Eltern mit ihren Kindern sitzen in den Unmengen an Cafés neben anderen jungen Menschen – und solchen, die noch glauben, dass sie es sind. Wirtschaftswunder im 21. Jahrhundert. Die Sonne scheint, alle schick angezogen, Notebook und Mobiltelefon immer in Reichweite. Keiner trägt hier seine Sorgen nach draußen. Wieder raus hier.
Zurück im 2×3-Ländereck Alt-Treptow. Einem dieser Ecks haben sie ein Denkmal gesetzt, drei Alufiguren, die sich freundschaftlich die Hände reichen. Ein Ort der Begegnung nur für die Schiffe auf der Spree und die arbeitenden Menschen im Allianztower. Viel zu windig ist der Platz vor den Figuren für alles andere. Ruhiger das andere Eck. Dort, wo der Landwehrkanal auf seinem Weg in die Spree abbiegt und der Neuköllner Schifffahrtskanal abzweigt. An den Mauern des Ufers in eine der Lichtungen zwischen die Bäumchen gesetzt. Auf dem Wasser schippert eine Barkasse entlang. Nebenan ein Hund, der von dem Steinvorsprung freudig ins Wasser hechtet. Gegenüber geht gerade die Sonne unter. „Eine Idylle“, wie ein Freund einmal sagte. Sitzenbleiben.