Da wurde mir für die Rückreise von Goa nach Delhi noch ein “painless return” gewünscht, was sich mehr auf Probleme im Allgemeinen bezog, war meine Bangalore-Reise doch an einigen Stellen extreme pain in the ass, und dann sowas.
Freitag nacht halb zwölf. Ein Freund mit Motorrad holt mich vom Flughafen ab. Wir fahren los. Erstmal in die komplett falsche Richtung. Das ist bei nächtlichen und dezent nasskalten 10°C unangenehm, aber nicht weiter tragisch. Man(n) fragt sich so durch, fährt diverse Strecken durch die Residenzen der indischen Armee (Atmosphäre nachts: still, wenige beleuchtete Häuser, wer einen Menschen auf der Straße trifft, darf sich freuen und den Moment im Kalender markieren). Irgendwann geht’s von der kleinen Seitenstraße auf die größere, zweispurige Hauptstraße. Gas geben auf der linken Spur bis irgendwann Platz ist, um auf die rechte zu wechseln. Das war der Plan. Dann kam ein Auto. Auf unserer linken Spur. Mit zu hoher Geschwindigkeit, weil der Depp von betrunkenem Fahrer grade mal noch fix jemand anderen überholen musste und nicht mehr abschätzen konnte, dass der Platz zwischen uns und dem zu überholenden Auto nicht mehr groß genug war. Also streifte (striff? egak.) er uns am Hinterteil, wir kommen ins Schlingern und, da grade am Gas geben, schlingert’s noch ein bisschen mehr, bis die Maschine dann zur Seite rutscht und wir auf der Straße liegen.
Bei mir lief in den Sekunden ungefähr folgendes ab: Das Auto streift uns. Ich spüre nur, dass da irgendwas ist und dass da irgendwas schief läuft. Sehen kann ich nix, weil ich meinen Rucksack auf dem Rücken hab, der mich um halbe Kopflänge überragt. Ich habe nur die Gewissheit (wo auch immer die in dem Moment herkam), dass wir dann jetzt mal fallen werden. (“stürzen” ist ein anderes Wort, das mensch hier verwenden könnte, aber irgendwie hat das nicht den richtigen Klang.) Den 1,50m langen Weg nach unten hab ich nicht mitbekommen, das ging zu schnell. Als nächstes das Wissen, dass ich auf dem Boden liege. Kurze Schreckstarre ohne Bewegung, aber dennoch mit der Gewissheit, dass ich mich bewegen kann und dann jetzt auch mal aufstehen und von der Straße verschwinden könnte. Trotzdem ging mir in dieser Sekunde der Gedanke durch den Kopf: “Ok, das ging gut und jetzt, wusch, fährt ein Auto über mich rüber.” Ich glaube, ich habe zu viele Filme gesehen. Dann erschreckte Rufe. Irgendwer nimmt meinen Rucksack. Ich wehre alle Hilfe beim Aufstehen ab und wanke zum Bürgersteig. Dann sitzen wir beide auf dem Bürgersteig und versichern uns gegenseitig und den Umstehenden, dass wir leben und soweit alles in Ordnung ist. Nur der Fuß (beim Freund/Fahrer) und das Bein (bei mir) schmerzen. Alles gut soweit. Keine Kopfschmerzen. Selbst meine Brille hat keinen Kratzer abbekommen. Ist mir noch nichtmal von der Nase gerutscht. Mein Riesenrucksack hat einfach alles abgefedert. Weitere 3 Sekunden später der nächste Schreck und dezente Panik: mein Laptop. Aber auch ihm ist nichts passiert. Weiß der Geier, welche Sternkonstellation das nun wieder alles möglich gemacht hat.
Was bleibt, ist eine Monsterhämatom, das ungefähr drei Viertel meines rechten Unterschenkels einnimmt, dummerweise auch in der Kniekehle entlang läuft, daher das Laufen etwas schwierig macht, bei jeder Berührung extremst unangenehm schmerzt und vermutlich noch in den nächsten zwei Monaten zu sehen ist.
Was noch bleibt, ist die Erfahrung, Teil eines indischen Unfallortes gewesen zu sein. Als ich irgendwann wieder klar denken konnte, sah ich bestimmt 10 Menschen, 3 Motorräder, 1 Autorikshaw und 3 Autos um uns rum stehen. Alle redeten mit- und gegeneinander und klärten, was jetzt eigentlich passiert ist. Der Verursacher des Unfalls hatte auch angehalten. Immerhin. Wie wir im Nachhinein erfuhren, hatte sein Beifahrer ihm im ersten Moment nämlich geraten, einfach los- und wegzufahren. In dieser Gegen mit den leeren Straßen kein großes Problem. Aber er hielt und seine Freunde kümmerten sich dann auch darum, uns erst ins Krankenhaus und später nach Hause zu bringen. Am Unfallort selber stellte sich dann also raus, dass der Fahrer zu knapp und zu schnell überholt hatte und dass das vor allem nicht das erste knappe Überholmanöver dieser Art war. Er war auf seinem Weg bereits bei einigen anderen in Ungnade gefallen. Diese Leute nutzten nun die Gelegenheit und haben ihn gleich mal für seinen gesamten Fahrstil zur Sau gemacht. Das ganze Rumgeschreie hatte durchaus eine komische Note. Das Schmunzeln habe ich mir aber dennoch verkniffen.
Wofür das jetzt alles gut war, weiß ich aber immer noch nicht.
14. December 2009 at 9:30 PM
Pheww, Glück gehabt. Gute Besserung allen Verletzten!
15. December 2009 at 5:01 AM
Danke! Der Freund von mir kann sogar schon wieder über Absperrungen hüpfen… Nur ich werd noch fröhlich durch die Gegend humpeln :).