Umberto Eco schrieb einst seine Streichholzbriefchen. Eine Kolumne für eine italienische Zeitung, die hier in Deutschland bei der Zeit erschien. Eines Tages ging es darum, wo Herr Eco am Besten philosophieren könne. Wir alle kennen das Bild des Schriftstellers/Philosophen/Wissenschaftlers, der in seinem stillen Kämmerlein vor sich hin und an seinem Opus Magnum schreibt. Und denkt. So die Vermutung. Herr Eco löste diese kollektive Vorstellung in Luft auf und verkündete der gesammelten Leserschaft, er selbst könne am Besten auf dem stillen Örtchen philosophieren.
Jason Fried von den 37signals-Jungs sprach vergangenen Oktober beim TEDx Midwest darüber, dass Arbeit nicht auf Arbeit stattfindet. Er berichtet von den Erfahrungen vieler Menschen, dass sie “etwas schaffen”, wenn sie zu Hause, im Gartenhäuschen, am frühen Morgen, am späten Abend oder am Wochenende, in jedem Fall aber abseits der althergebrachten und aktuellen Büro-Atmosphären an dem sitzen, was Jason Fried und mit ihm viele andere “meaningful work” nennen.
Wenig überraschend geht es um Ablenkung, Abgelenktwerden, Unterbrechung hier, “kurze Frage: …” dort. Zwischendrin stellte ich mir folgende Frage:
Why is it that conference calling, chatting in the kitchen about work-related stuff, talking with costumers, caring (or bitching) about stuff you need at the office like getting new toilet paper, … why is it, that these work moments are always opposed to “meaningful work”?
Fried’s Antworten darauf lauten: die Manager und das synchrone Gespräch. An einen anderen Ort zu gehen, wäre nun eine Möglichkeit. Eine Möglichkeit, die von vielen Chefs aber wiederum nur ungerne gesehen wird. Und irgendwie hieße das auch, das Kind mit dem Bade ausschütten. An einen anderen Ort gehen ist eine ganz schlechte Idee ist, wenn es lediglich eine Flucht vor den Störfaktoren im eigenen Büro ist.
“Meaningful work” ist im Grunde immer das, was man sich für den Moment vorgenommen hat, sei es nun der Code für das neue Feature, die Beschwerde-Email an den Lieferanten oder die Recherche für das nächste Konzept. “Meaningful work” ist auf interessante Art und Weise für einen Büro-/Laptop-Menschen das, was man selbst zu Papier und in die Tasten bringt. Dazu gehören aber oft genug auch Fragen an andere Menschen. Die höchstwahrscheinlich aber auch gerade mit bedeutungsvoller Arbeit beschäftigt sein werden. Wir nennen es Dilemma.
Fried spricht noch über einige andere Phänomene und bringt am Ende drei Ideen, das Kind weiter planschen zu lassen und stattdessen die Kuh bei den Hörnern zu packen. Der großartigste Vorschlag ist der No-Talk-Thursday (oder Montag oder Mittwoch oder welcher Zeitraum auch immer). Einfach mal die Klappe halten. Und zwar alle miteinander. Jeder im Büro kümmert sich um seinen Scheiß, sammelt alle Fragen an den Kollegen oder den Mitarbeiter in einer Email, im Chatfenster oder auf einem Zettel. Und geht am Ende des Tages ein bisschen glücklicher nach Hause.
Bei dieser Gelegenheit muss ich an eine alte Idee vom Hallenprojekt denken. Beim “Berlin 08″, einem Festival für junge Politik, saßen wir beim ad hoc coworken zusammen und hatten eine kleine, selbst gebastelte Statusanzeige aus Pappe vor uns stehen. Da standen dann so Dinge drauf wie “Stör mich ruhig, wenn du sterben willst”, “Sagste kurz ‘Hallo’ und dann mach ich hier weiter, ok?!” oder “Bring mich zur nächsten Club Mate! Bitte!!! Und zeig mir noch 3 Katzenvideos zwischendurch!” Es war ein spannender Versuch in Anwesenheit des eigenen Körpers zu kommunizieren ohne zu reden. Wie sich das im Langzeittest bewährt, habe ich allerdings bislang nie rausgefunden.
Zurück zu getting things done. Hier der Talk. Jason Fried: “Why work doesn’t happen at work”.
Wenn ich mich recht entsinne, geht der via an @roidrage.