Neulich war ich in der Lausitz. Gleich neben dem weißen Fleck auf der Landkarte. Es ist die Gegend, in der Vattenfall Braunkohle abbaut. Unermüdlich schieben sich die Bagger Meter für Meter vorwärts durch die Landschaft. Den ganzen Tag. Die ganze Nacht. Kilometerweit ist der Krach zu hören. Den ganzen Tag. Die ganze Nacht. Sie graben sich durch den Boden, um unseren Energiehunger zu stillen. Sie graben sich durch den Boden und ernähren eine ganze Region. Die Menschen kennen das, haben aus den Nachbarorten davon gehört. Der halbe Ort, so scheint es, arbeitet selbst bei Vattenfall. An diesem Wochenende haben sie nun erfahren, dass der Tagebau demnächst auch vor ihrer Haustür vorbeiwandern wird.
Die Menschen, die ich an diesem Wochenende kennengelernt habe, werden wohl halbwegs Glück haben. Ihre Häuser können stehen bleiben. Die Wälder aber, die Jagdgebiete, die Ackerländer, sie werden verschwinden. Schon jetzt sieht man nachts die Abbaugebiete weit über den Wäldern schimmern, hell erleuchtetet wie ein Fußballfeld am Abend. Bald werden auch die Geräusche näher kommen und ein paar Jahre bleiben. Was danach kommt, ist momentan Spekulation. Noch steht nichts fest. Sie alle hoffen, dass die Gebiete renaturiert werden. Weitere 10-15 Jahre, bis die Seen geflutet sind, noch mehr Jahre bis die Bäume wieder gewachsen sind. Tourismus ist das, was dann noch bleibt.
Die Menschen, die ich an diesem Wochenende kennengelernt habe, haben auf eine ganz bestimmte Art auf diese Meldung reagiert. Es gab keine Aufregung. Wut über den bald verlorenen Wald, ja, und auch Sorgen. Denn noch weiß keiner, wie nah der Tagebau wirklich an den Ort herankommt. Momentan ist von 500 Meter die Rede. Aber zu lange wird dort schon Braunkohle abgebaut. Zu viele Menschen kennt man, die ihre Häuser räumen mussten, und für die das Leben wonaders weiterging. Zu viele aus der eigenen Familie arbeiten selbst beim Tagebau. Es ist Alltag in dieser Gegend.