Wie ich diesen Satz hasse!
“Real life”. Schon im Zusammenhang mit der digitalen Welt finde ich die Unterscheidung zwischen real life und digital life total bescheuert. Als ob jeder Mensch plötzlich jemand komplett anders wird und sämtliche Verbindungen zur scharf abgegrenzten nicht-digitalen, virtuellen Welt plötzlich gekappt würden. Als ob nicht hinter jedem Tweet, hinter jedem Profil, hinter jedem Photo, hinter jeder Unterhaltung Menschen sitzen würden. Als ob die Interaktionen im Netz nichts wert wären. Oder zumindest nicht den gleichen, “echten” Wert hätten.
Den obigen Satz aber hörte ich die ersten Male, als meine Zeit in Neuseeland sich langsam dem Ende näherte und ich davon erzählte, dass ich nun bald wieder nach Berlin zurückkehren werde. Geäußert von Menschen (sowohl in Neuseeland als auch hier in Berlin), die zu diesem Zeitpunkt nicht auf Reisen waren. Geäußert aber auch von Menschen, die gerade auf Reisen waren.
And again: Als ob die Zeit des Reisens nichts Wahres wäre. Als ob die Begegnungen mit den anderen Menschen dort nicht einen krassen Eindruck auf mich gemacht hätten. Als ob diese Lebenszeit nichts wert wäre. Oder zumindest nicht den gleichen, “echten” Wert hätte.
Klar. Auf Reisen zu sein, ist etwas Besonderes. Weil nur die wenigsten Menschen auf diesem Planeten die Möglichkeit haben, überhaupt, geschweige denn für längere Zeit an einem anderen Ort zu leben und zu sein. Weil der Default der ist, an einem Ort fest zu leben, zu arbeiten und es sich in den Mühlen des Geldverdienens und des Alltags gemütlich zu machen. Und nebenbei dem Zynismus dieser Welt zu erliegen.
Und damit bin ich genau beim Punkt. Freunde, Obdach, Geld brauche ich überall auf dieser Welt. Von manchem mehr, von manchem weniger. Je nachdem, wie jede*r von uns so drauf ist. Ich kann mich unterwegs einsam fühlen. Ich kann in der Gegend, in der ich hauptsächlich lebe, viele wunderschöne Ecken entdecken. Aber egal wo, es ist alles real life. Weil es verfickt nochmal alles real ist. Weil ich es erlebe. Und wenn auch in Zukunft alles gut geht: Weil ich das Reisen zu einem Teil meines Alltags mache.
7. August 2015 at 10:52 AM
Katrin, du hast vollkommen recht!
7. August 2015 at 11:11 AM
let’s make this happen \o/