die katrin

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Kurzer shout zur Passivität.

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Part eins: Derzeit ist die Frage ja (mal wieder) sehr groß, weshalb Menschen in Deutschland so selten auf die Straße gehen bzw. generell eher passiv auf Missstände in unserer Gesellschaft reagieren.
Part zwei: Ich übersetze momentan einen Theorietext zu Rassismus vom Deutschen ins Englische. Dieser Text enthält viele Passivkonstruktionen, die sich bei der Übersetzung als, nun ja, Herausforderungen darstellen.

Kurz zur Erinnerung: Passivsätze sind Sätze à la “Das Buch wurde mir geklaut.” Ein entsprechender Aktivsatz lautet: “XY hat mir das Buch geklaut.” Der große Unterschied im Satzbau: Der Aktivsatz hat ein (grammatisches) Subjekt und in vielen Sätzen, die Aussagen rund um Menschen treffen, ist an dieser Stelle ein Akteur: “Der Idiot im blauen Shirt hat mir das Buch geklaut.” (Vorkommende Sexismen bitte ich zu entschuldigen.)

Wie gesagt, die deutsche Fassung des Übersetzungstextes wimmelt von Passivkonstruktionen. Und wenn man mal genau hinhört und -liest, passiert das im Deutschen insgesamt ziiiemlich häufig. Im Englischen nun gibt es auch die Möglichkeit, Passivsätze zu konstruieren. Allein, es passiert sehr selten. In dem Anspruch, einen möglichst wohlklingenden englischen Text zu erstellen, bin ich nun geneigt, viele Aktivsätze zu verwenden.

Und stelle fest: Da gibt es kein Subjekt. Und wenn ich mir aus dem Kontext etwas Passendes zusammenbastele, stelle ich doch jedes Mal fest, dass ich damit eine Aussage generiere, die wesentlich konkreter, wesentlich stärker ist als das deutschsprachige Äquivalent. Ich nenne Dinge im Aktivsatz beim Namen, die im Passivsatz unter den Tisch fallen können.

Damit bin ich bei meinem Punkt. Der Aktivsatz kann ganz viel, ist diskursiv z.T. hochkomplex, und generell kann jede Satzart ganz viel, vor allem aber eins: Mit dem Gesagten auf Menschen, Gegenstände, Konzepte und Ideen referenzieren. Das kann der Passivsatz auch, aber eben nur halb, weil nur das grammatische Objekt referenziert wird, nicht aber das grammatische Subjekt. Als Effekt davon kann jeder von uns mit Passivkonstruktionen Dinge im Unbestimmten lassen, wenn man [sic!] sich nicht festlegen will. Und aus nicht-so-konkreten sprachlichen Äußerungen lassen sich auch schwerer konkrete Handlungen und Aktionen ableiten.

An dieser Stelle spanne ich jetzt mal den rissigen Bogen zu Part eins. Was, wenn einer der Gründe für die weitverbreitete Untätigkeit unsere Sprache ist? Bzw. die Art und Weise, wie wir sprachliche Äußerungen in unserem kulturellen Raum tätigen. Wilde These also: In unserem deutschsprachigen kulturellen Raum verwenden wir häufig sprachliche Passivkonstruktionen, die bei Beobachtungen und Feststellungen keine Akteure benennen (gegen die wiederum Aktionen geplant werden können) und unbewusst das Gefühl der Handlungsunfähigkeit bestärken. Ich behaupte nicht, dass dies der einzige Grund ist. Wie ihr auch an fehlenden Verlinkungen erkennt, habe ich jetzt mal laut vor mich hin gedacht.

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