die katrin

my photography & other stuff

21. March 2011
by katrin
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“herzzerreißend”

Du möchtest es unter den Post schreiben. Unter dieses kleine Kunstwerk bestehend aus einem Brief, einer Textpassage und einem Artikel. Öffnest die Seite. Scrollst zum Kommentarfeld. Und alles was bleibt, ist innezuhalten. Dieses profane Wort, das nicht auch nur ansatzweise … das für jeden weiteren Leser alles kaputt machen würde, wenn es dort unten stünde.

16. March 2011
by katrin
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Zwei Kameras an meiner Seite. Fast jeden Tag. Nicht ganz so oft die Hand auf dem Auslöser. Analoge Speicher. Ungeduld. Will die Bilder sehen. Geduld. Soll ja auch nicht jeder Scheiß für die Ewigkeit festgehalten werden.

Und warum muss ausgerechnet jetzt der Regen kommen?

17. February 2011
by katrin
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Sponsoring für Jugendliche und einen Photoband zu den Beelitzer Heilstätten.

Ich bin mir sicher, dass es unter meinen Lesern ein paar vereinzelte Häschen gibt, die etwas Geld über haben. Und hier kommt die ultimative Gelegenheit, damit mal was richtig Großartiges zu unterstützen. Mein liebster Dub-Dubstep-undwasersonstnochsoaufdieplattentellerbringt-DJ Ronny vom Kraftfuttermischwerk will mit seinen Jugendlichen einen Photoband über die Beelitz Heilstätten zusammenstellen. Ronny ist außerhalb seines Internetlebens Sozialarbeiter in Potsdam-Mittelmark. Und weil die Ausstattung weder für Jugendarbeit noch für solch einen Band einfach so vom Himmel fällt und die gesellschaftliche Solidarität auch nicht mehr über den Umweg Papa Staat stattfindet, braucht es andere Wege.

Das Tolle an dem Band: Er soll nicht einfach nur Photos der Jugendlichen enthalten, sondern auch Texte über den Mythos Beelitz Heilstätten, Geschichten aus der Vergangenheit, Interviews mit Menschen, die die Heilstätten noch aus alten Zeiten kennen, und mit ein bisschen Glück auch alte Archivaufnahmen.

Und was brauchen der gute Mann und seine Leute: genau, Geld. Wenn passend, hilft vielleicht auch die eine oder andere Sachspende. Die Sammelaktion läuft noch bis zum 1. März und es wäre einfach zu schade, wenn das nicht klappt. Die gesamte Story und Ronnys Emailadresse gibt es drüben beim Kraftfuttermischwerk.

16. February 2011
by katrin
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Eine Bombenwarnung und ein Jahrhunderte alter Streit.

Der letzte Tag in Varanasi. 18:30 Uhr. Wir stehen am Bahnhof und warten auf den Zug nach Delhi. Der erste Anruf. Es gibt eine Bombenwarnung für Varanasi. Kurz innehalten, kurz nachdenken. Wenn, dann an den Ghats, direkt am Ganges. Alles andere würde keinen Sinn machen. Dort sind die meisten Menschen unterwegs. Dort ist die Symbolik am stärksten. Diejenigen unter uns, die schon länger in Indien sind, reagieren fast belustigt. Ach, Warnungen gibt’s hier doch eh alle Nase lang.

30 Minuten später klingeln die Telefone im Sekundentakt. Es gab eine Explosion an einem der Ghats. Wir vermuten den Main Ghat. Um diese Uhrzeit findet dort jeden Abend eine Zeremonie statt. Mehrere Tausend Besucher. Und genauso war es. Reihum werden die beruhigenden Nachrichten in den Norden des Landes geschickt, dass wir im Zug sitzen und alles ok ist. Der wacklige mobile Internetzugang gibt die ersten Meldungen aus. 20 Verletzte. Zehn Minuten später die Meldung, dass ein Kind an den Verletzungen gestorben ist.

Die Ghats sind Treppen, die von der etwas höher gelegenen Stadt bis in den Ganges hinein reichen. Es sind die Orte, an denen die Gläubigen Hindus sich selbst und ihre Kleidung in der heiligen Mutter reinigen. Am Main Ghat versammeln sich abends die Menschen, um einer Zeremonie des Lichts beizuwohnen. Es ist die größte Treppe in der Stadt und ist an der Promenade gute hundert Meter breit. Irgendwo an dieser Treppe haben die “Indian Mujaheddin” einen Sprengsatz gezündet. Der Knall und umherfliegende Steine haben eine Panik ausgelöst, bei der die meisten Leute verletzt wurden. Irgendjemand spricht den unvermeintlichen Satz aus: “Gestern waren wir noch… Wäre unser Zug heute nur 2 Stunden später…”

Auf eine beunruhigende Art und Weise berührt mich diese Vorstellung fast gar nicht. Ich bin fast ein bisschen enttäuscht. Ich würde gern mal mich selbst und die anderen dabei erleben, wenn eine Explosion stattfindet. Du stehst mittendrin oder am Rande oder so halb dazwischen. Der Schreck, das Wegrennen, die Massendynamik. Was sind die eigenen Gedanken. Welcher Ausdruck ist in den Gesichtern der anderen Menschen zu lesen. All das.

Die “Indian Mujaheddin” sind eine islamische Gruppe, die mit der Explosion ihren Unmut über das Urteil zur Babri Masjid zum Ausruck gebracht haben. Die Kurzform: A-Hörnchen nimmt B-Hörnchen sein jahrtausende altes Spielzeug weg, weshalb das B-Hörnchen dem A-Hörnchen sein neues, mittlerweile ein paar hundert Jahre altes Spielzeug jetzt auch wieder kaputt macht und infolgedessen den halben Kindergarten auf den Hades zum Weiterspielen schickt. Und weil A-Hörnchen und B-Hörnchen sich nicht vertragen können, ist C-Hörnchen jetzt auch beleidigt, weil D-Hörnchen es keinem Recht machen kann. Ja, das ist alles so bitter, dass nur noch Satire hilft.

Die Langform: Ayodhya ist ein Ort im Bundesstaat Uttar Pradesh, mit 200 km quasi um die Ecke von Varanasi. In Ayodhya gibt es den Ramkot Hill bzw. die Ram Janmabhoomi, die als Geburtsort des Hindu-Gottes Rama gilt. Seit 1527/28 steht auf eben diesem Ramkot Hill die Babri Masjid, erbaut vom ersten Mughal-Kaiser als er dabei war, Indien zu erobern. Es ist unklar, ob dort vorher ein Tempel für Lord Rama stand, der von den Mughalen zerstört wurde. Und genau darum dreht sich seit 500 Jahren der Streit. Die einen behaupten, der Geburtstort sei doch eigentlich ein paar Meter weiter weg gewesen. Die anderen sagen, ist egal, dort war ein Tempel, der zerstört wurde. Im 20. Jahrhundert gab es unzählige Petitionen, Kampagnen, Gerichtsverhandlungen und was nicht alles um eine Klärung herbeizuführen. Die Stimmung heizte sich so sehr auf, dass 1992 eine Meute von 150.00 Hindus bei einer religiösen Kundgebung, die von der rechtskonservativen BJP unterstützt wurde, die Babri Masjid zerstörten. In den folgenden Monaten kam es zu krassen Ausschreitungen in nordindischen Städten, bei denen Hindus und Muslims gegenseitig ihre Häuser verbrannten, Läden plünderten und sogar Menschen auf die Straße prügelten und anzündeten. Die Spirale, schon lange am Drehen, drehte sich weiter. Unzählige Bombenanschläge, ein Brandanschlag auf einen Zug, alles was seitdem passierte und direkt gegen Hindus und/oder Muslims gerichtet war, hat in der Geschichtsschreibung die Zerstörung der Moschee und den Streit um den Ort als Ursache. (Das war jetzt die kurze Langform. All die kleinen Verstrickungen und Motivationen auf die Reihe zu kriegen, erfordert weit mehr.)

Direkt im Anschluss an die Zerstörung 1992 wurde ein Untersuchungskommittee eingerichtet. 17 Jahre später hat es seine Arbeit für beendet erklärt und die Unterlagen an den Allahabad High Court gegeben. Am 30. September 2010, 60 Jahre nachdem die ersten Klagen eingereicht wurden, wurde das Urteil gefällt, das umstrittene Land dreizuteilen. Ein Drittel geht an den von Triloki Nath Pandey vertretenen Ram Lalla, ein Drittel an die Nirmohi Akhara, ein Drittel an die Muslims. Ram Lalla ist die Wiedergeburt von Ram als Kind und soll jetzt einen neuen Tempelbau erhalten. Triloki Nath Pandey ist der “sitting deity” (sitzende Gottheit), eine Art irdischer Vertreter und gleichzeitig Mitglied in der hindunationalistischen Partei RSS. Die Muslims sind vertreten durch das Sunni Central Waqf Board, ein von der indischen Regierung legitimierter und offenbar gemäß den islamischen Traditionen bestehender Verband, der die öffentlichen muslimischen Besitztümer verwaltet. Und die Muslims haben eben seit dem 16. Jahrhundert ihre Ansprüche auf das Land. Die Nirmohi Akhara wiederum sind eine religiöse Gruppe, die diverseste Tempel in ganz Indien besitzt und seit dem 19. Jahrhundert Ansprüche auf das Land verteidigt.

Soweit, so klar, so eindeutig? Au contraire. Es nimmt kein Ende. Das Sunni Waqf Board hat im Dezember den Fall nun zum Supreme Court in Indien gebracht. Wenn man sich die Artikel in der Frontline und allgemein die Reaktionen auf das Urteil so durchliest, fragt man sich, was in den letzten 20 Jahren eigentlich passiert ist. Das Urteil sollte ein Kompromiss sein. Es ist ein Kompromiss, den kaum einer akzeptieren will. Historiker beschweren sich, dass die archäologoschen Ergebnisse, die Tempel und Geburtstort am Ort der Moschee sehen, keineswegs wissenschaftlich seien. Die Richter sollen ihr Urteil basierend auf Glauben und Religion getroffen haben, was dem Selbstverständnis des pluralistischen, demokratischen Rechtsstaates Indien widerspricht. Dem Sunni Qaqf Board und den Nirmohi Akhar ist das zugeteilte Land zu klein, um darauf jeweils eine Moschee bzw. einen Tempel zu bauen, die dann wiederum genügenden Abstand zur jeweils anderen Stätte hat. Die Anwohner befürchten unisono neue Konflikte.

Und genau das brachte der Abend des 7. Dezember 2010.

13. February 2011
by katrin
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Am Fluss.

Es war ein Sonnabend, der sich anfühlte wie der 14. Sonntag in Folge. Zwei Tage später ging es zurück in den kalten Winter Berlins. Zu viert machten wir uns auf in Richtung Kashmiri Gate. Irgendwo dort haben unsere indischen Freunde ihren Ringerclubimmer und ihre Badestelle. Im Yamuna baden gehen. Nach allem, was wir über diesen Fluss gehört hatten, war es ein Wunder, dass die Herren noch an einem Stück durch die Welt laufen. Selbst der Regen 1986 dürfte weniger gesundheitsschädlich gewesen sein. Der beißende Gestank von meiner ersten näheren Begegnung mit diesem Fluss hing mir noch immer in der Nase.

Vorbei an Wohnsiedlungen, leerstehenden Häusern, in Hinterhofgassen gelegenen Palästen, die von der Polizei bewohnt werden, über und unter riesigen Umgehungsstraßen entlang, in die Ecken direkt am Fluss, unterwegs der Kondomwagen, Touristenbusse ohne Touristen, weil hier jeder Fahrer ein Kleinunternehmer ist, der sein Gefährt mit nach Hause nimmt und die beiden Busse heute nicht gebucht sind, über kleine 1m hohe Mäuerchen, die aussehen als sollen sie Deiche sein, bis runter an den Yamuna.

Als S. davon erzählte, dass er am Yamuna ringen geht und dort täglich trainiert, dachte ich an eine Turnhalle oder einen Raum mit ein paar Geräten und Platz für Bodenmatten. Was ich zu sehen bekam, glich eher einem Garten. Hinter der kleinen Mauer war der Trainingsringplatz. Unter freiem Himmel, auf Sand, ordentlich geharkt. In der Mitte des Grundstücks der Wettkampfplatz. Hinten ein paar Geräte zum Gewichte stemmen. Im Haus noch mehr Geräte. Dahinter die Stufen hinab zum Fluss. Alles wirkte eher wie ein Tempel. Der Lärm der Gandhi Marg ist hier nicht mehr zu hören. Auf der anderen Seite des Flusses erstreckt sich weite Ödnis. Am Rande der Großstadt eine kleine Oase.

Wir stehen am Flussufer. Delhi kann ich trotzdem nicht komplett hinter mir lassen. Zu diesig die Luft. Zu nah dran die U-Bahnbrücke. Zu viel Gestank allenthalben. Doch bevor ich mich versehe, sitzen wir in einem Boot und paddeln auf die andere Uferseite. Stille auf dem Wasser. Die Nachmittagssonne taucht unsere Häupter in goldenes Licht. Die Schornsteine des Krematoriums rauchen ununterbrochen. Direkt davor am Flussufer wird eine Leiche auf einem Scheiterhaufen verbrannt.

Es ist der vorletzte Tag in Indien. Ein gruseliges Jahr neigt sich dem Ende und reicht mir die Hand zur Versöhnung.

12. February 2011
by katrin
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Dem ist nichts hinzuzufügen:

Viva La Revolution!

Wenn ich die Szenen in Ägypten so sehe, fühle ich mich direkt an Silverchair’s “Anthem for the year 2000″ aus dem Jahre 1999 erinnert. Man könnte es fast schon als eine kleine Prophezeiung ansehen, denn in einem solchen Ausmaß, wie es in Ägypten und Tunesien nun geschieht, habe ich einen Aufmarsch gegen die Regierenden eines Landes bisher noch nicht gesehen. Es wird langsam Zeit, dass die Unzufriedenheit der Bürger, ganz gleich in welchem Land, endlich gehört wird. Und wenn dazu extreme Massnahmen nötig sind, damit die Damen und Herren in oberen Posten kapieren, dass man ein Volk im Jahre 2011 nicht mehr länger für dumm verkaufen kann, dann hat dies meine volle Unterstützung.

Ladys & Gentlemen,

Silverchair. Anthem For The Year 2000.


bei dailymotion. via zimtstern.in

8. February 2011
by katrin
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Mit dem Zug durchs Leben.

Es ist früher Morgen. Der Zug erwacht zum Leben. Alle stehen auf, gehen sich die Zähne putzen, trinken Tee oder Kaffee. Der Nestle Pulverkaffee, der eigentlich nach Schokolade mit einem Hauch Koffeinaroma schmeckt. Und so sehr nach Zugfahren. Denn auf den Fahrten habe ich ihn meistens getrunken. Selten an den Straßenständen.

Über den Häusern und Sträuchern hängt der Dunst. Eng vermischt mit dem Staub des Wüstenrandes. Wir sind irgendwo zwischen Delhi und Varanasi, wahrscheinlich rund um Kanpur. Nichts könnte egaler sein als der genaue Ort. Nichts könnte unwichtiger sein als die Zeit. Mit einem Schlag raus aus allem. Was zählt ist die Ruhe.

(Die Menschen, die mit mir unterwegs waren, werden sich jetzt wahrscheinlich in die Hose pissen vor Lachen. Ich hatte so dermaßen schlechte Laune auf dieser Zugfahrt. Natürlich konnte ich meine Arbeit auch nach 20 Stunden Flug nicht so einfach hinter mir lassen. Blöde Erinnerungen begleiteten mich auf dieser Reise. Und wir waren zu dreizehnt unterwegs. Bei dieser Größenordnung stellt sich mein Lagerkoller bereits nach den ersten 5 Minuten des gemeinsamen Zusammenseins ein. Die andern können da herzlich wenig für. Aber unfassbar politisch korrektes und basisdemokratisches “Lasst uns das mal besprechen” lässt mir sofort die Halsschlagader anschwellen und die Hutschnur gen Sonne platzen. Wir sind doch hier nicht im Hippie-Stuhlkreis! Und der nächtliche Krach in den Zügen erst! Was die zusammenschnarchen. Es ist mir ja ein einziges Rätsel, wie die Inder da auch nur ein Auge zu kriegen. Aber die schaffen das!)

Egal. Denn dann steigst du aus dem Zug aus und siehst das hier:

on the train - Pause am Morgen
(Unbedingt in groß ansehen! Und versucht gar nicht erst, den Anfang des Zuges zu erkennen.)

Und dann drehst du dich um und siehst das hier:

on the train
(Ebenfalls in groß ansehen!)

Und ich schwöre bei Gott und meiner Take-That-Tasse, dass beide Bilder nur mit ein bisschen Vignette und Kontrast nachbearbeitet sind. In diesem Moment war einfach alles vergessen, was Alltag in Berlin ist. Alle Erinnerungen und Gefühle aus dem Jahr davor waren wieder da. Das ist der Ort, an dem ich genau jetzt genau richtig bin. Nie vergessen der Morgen, als ich von Bangalore nach Goa gefahren bin. Zwischen sechs und acht Uhr morgens fahren wir durch die Hinterwälder Goa’s. Nach Monaten voller trockener, staubiger, sandiger Gegenden ist es das erste Mal saftiges, sattes, nasses Grün. Die Sonne blinzelt durch die Baumkronen. Die Kinder schauen auf dem Weg zur Schule unserem Zug nach. An der Tür sitzt niemand. Ich lasse mich nieder und genieße die frische Luft, diese unfassbar frische Luft. In diesem Moment hätte ich auch einfach sterben können.

Zurück nach Varanasi. Ein paar Stunden und mehrere Zwischenstopps später hielten wir wieder. Dieses Mal am Rande eines Dorfes. Das Schöne am Winter ist, dass plötzlich alle draußen sind. Laue 23, 24°C locken wirklich jeden hinter seiner Klimaanlage hervor.


direktausmzugraus

(Tschuldigung. Ich muss kurz weg und mir dieses Video noch ungefährt 10.000 Mal angucken.)