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“Kontrollapparat außer Kontrolle”

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[Vorab. Dieser Post lag ein Weile und wartete auf seinen Moment. Nach creezy’s Post von Sonntag ist dieser Moment nun gekommen. Es ist ein langer Text geworden. Aber er lohnt sich. Für die, die selbst in einer solchen Situation stecken oder dort waren. Ihr seid keine Einzelfälle! Noch vielmehr für die, die das Glück haben, bislang nie groß mit den deutschen Sozialbehörden zu tun gehabt zu haben. Vor allem aber für diejenigen, die immer nicht so recht glauben wollen, dass unser geliebter Sozialstaat auf die tritt, die schon am Boden liegen. Ich hoffe, ihr erkennt in diesen Zeilen mehr als nur individuelle Fehler. Wovon hier im Detail erzählt wird, sind strukturelle Missstände.
Die Schulden bei der Krankenkasse waren hier übrigens nicht das einzige Problem, auch wenn es streckenweise so klingen mag. Der nachfolgend beschriebene Moment steht mittendrin in einer langen Reihe von ähnlichen Ereignissen. Die, so sieht es derzeit aus, sich zu einem guten Ende wenden.]

℘℘℘

Neulich in Berlin: Das Telefon klingelt. Am anderen Ende der Leitung eine Freundin kurz vorm völligen Aufgelöstsein. Aus den schnell dahingehaspelten Sätzen verstand ich ungefähr das: “Wohnung”, “Schloss ausgetauscht”, “Schlüssel bei der Polizei abholen”, “kann ich erstmal bei dir vorbei kommen”. Schockschwerenot! Einbruch? Nee, die tauschen das Schloss doch dann nicht aus. Aber was dann? Also erstmal zusammen auf den Balkon setzen und mit ‘nem Bier wieder runterkommen. Und das, was sich an diesem Abend auftat, ist mehr als nur “die dunkle Seite der Macht hat interne Probleme” ((c) bhrgero). Es ist eine Geschichte, deren Moral (mal wieder) lauten wird: Deine Würde ist nur dann unantastbar, wenn du die Kohle dafür hast.

Aber der Reihe nach, in einem kleinen Interview.

Du bist an dem Abend nach Hause gegangen und wurdest an deiner Wohnungstür mit einem Zettel einer Gerichtsvollzieherin begrüßt und dem Hinweis der Polizei, dass dein Schloss ausgetauscht wurde und du den Schlüssel bei der nächsten Polizeistelle abholen könntest. Was ist passiert?

Ja, wo anfangen … eigentlich war diese Begebenheit nur ein weiteres Highlight einer ganzen Verkettung von … ich nenn es mal Missgeschicken. In diesem Fall geht es um die Sache mit meiner Krankenversicherung: Ich hatte meine Beiträge der letzten 2 Jahre (2009 und 2010) nach Maßgabe der Krankenversicherung bezahlt. Irgendwann fiel ihnen auf, dass noch kein Steuerbescheid vorläge und die Beiträge wurden nachträglich neu festgesetzt.
Ich sollte mal eben knapp 9.000 € bezahlen. Verstanden habe ich diese Logik nicht. Übrigens auch nicht die Schreiben von der KV, die waren lang, kleingedruckt und eben einfach unverständlich. Ich dachte mir, naja, das wird schon seine Ordnung haben, wusste aber weder, was nun zu tun sei noch wo ich mal eben das Geld herkriege. Irgendwann kam dann ein Stapel Briefe vom Hauptzollamt: an einem Tag so 20 oder 25 Stück, für jeden Monat einer oder so. Vom Hauptzollamt, weil die mit der sogenannten Beitreibung beauftragt wurden. Oder auch pfänden können.

9.000,- € sind wahrlich kein Pappenstiel. Wenn die Summe stimmen würde, hättest du locker mindestens 1 Jahr lang überhaupt nichts bezahlt. Was aber ja nicht der Fall war. Wie ist die Krankenkasse auf diesen Betrag gekommen?

Daraufhin habe ich bei der KV nachgefragt, ob die das ernst meinen und wo ich deren Meinung nach das Geld hernehmen sollte. Sie wussten, dass ich auch noch eine Ausbildung gemacht hatte, haben aber nie nach einer Schulbescheinigung gefragt.
Dann kam Folgendes heraus: Wenn die KV keinen Einkommens- oder Steuerbescheid bekommt, wird einfach der Höchstsatz von ich glaube so um die 600 € pro Monat angesetzt. Dabei hatten sie eine Einkommensbestätigung von mir, die zeigte, dass ich weniger Einkommen hatte als der Höchstsatz.
Daraufhin meinten sie, ich könne eine Ausbildungsbestätigung nachreichen, dann würden die Sätze im Nachhinein angeglichen und ich hätte nur noch 1.097 € auszugleichen. Immer noch viel, aber ja, irgendwie zu bewältigen, vielleicht auch mit einer Ratenzahlung. Also alles hingeschickt. 2 Wochen später bekam ich einen Bescheid, dass ich ein Guthaben von knapp 1.900 € hätte, ich möge bitte meine Bankverbindung angeben.

Worum man sich ja auch keine 3 Minuten lang bitten lässt. Aber wie sich herausstellen sollte, hat die Krankenkasse vergessen, einer wichtigen Person Bescheid zu geben…

So ist es: ca. 10 Tage später kam es zur eingangs beschriebenen Situation …

Das heißt, die Krankenkasse hatte vergessen, die Gerichtsvollzieherin zu informieren. Diese hat natürlich ihren Dienstweg verfolgt, was in der Wohnungsdurchsuchung endete. Wie heißt dieses Verfahren eigentlich genau?

“Zwangsweise Öffnung der Wohnung aufgrund einer richterlichen Durchsuchungsanordnung seitens des Amtsgerichts.”

Und das mit dem Ziel, pfändbare Gegenstände zu suchen, die den Wert der (vermeintlichen) Schulden abdecken?

So ungefähr dachte ich mir das. Bis ich dann tags darauf mit der Gerichtsvollzieherin telefonierte. Es ist nämlich tatsächlich so, dass diese Individuen alles inspizieren dürfen. Alles im Sinne von Alles oder Nichts. Ziel der Aktion, wie es die Gerichtsvollzieherin auszudrücken beliebte: “Naja, vielleicht hamse ja irgendwo Unterlagen über ein Konto mit 50 Millionen Euro oder so.” Klar, hat ja fast jedeR in Berlin, ich vermute sogar mehrere und unter den Dielen verstecktes Geöd oder ganz klassisch im Strumpf unter dem Kopfkissen.

Unter den Dielen haben sie übrigens nicht gesucht.

Es gab ja sicherlich so etwas wie eine Ankündigung dieser Durchsuchungsanordnung. Wie lange im Voraus war die?

Ankündigung? Hab ich nicht gekriegt. Es ist ausreichend, dass ich davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass das Hauptzollamt pfänden darf. Und wenn der Vollzug durch das Amtsgericht bestätigt wurde, ist damit alles geregelt. Es ist sogar beabsichtigt, dass ich davon nichts erfahre – ich könnte ja Wertgegenstände oder Unterlagen beiseite schaffen.

Verstehe ich das richtig, dass du also nach diesen Schreiben vom Hauptzollamt weiter mit deiner Krankenkasse in Kontakt standest und die deinen Sachverhalt bearbeitet haben (bis hin zur Feststellung des Guthabens), obwohl sie wissen mussten, dass der Fall mittlerweile beim Hauptzollamt liegt und die dort ihre üblichen Schritte abhalten?

Genau das.

Und war dein Ansprechpartner bei der Krankenkasse immer der Gleiche? Oder wenigstens immer die gleiche Niederlassung?

Immer derselbe Mensch. Am Tag nach der Durchsuchung habe ich ihn angemailt und um Aufklärung gebeten. Ich hätte eine Entschuldigung erwartet und vielleicht mal einen Wellness-Gutschein als Ausgleich für den ungesunden Stress. Schliesslich hat die KV Vertragshäuser, auch hier in Berlin, wäre eine versöhnliche Geste gewesen.

Was war seine Antwort?

“nachdem Sie uns die angeforderten Unterlagen am XXXXXX eingereicht haben, wurden am selben Tag noch die Vollstreckungsersuchen beim Hauptzollamt zurückgenommen. Warum das Hauptzollamt trotzdem am XXXXXX, also fast eine Woche später, eine Wohnungsdurchsuchung durchgeführt hat, kann ich Ihnen leider nicht erklären.
Sollten Sie noch Fragen haben, stehen wir Ihnen gerne zu Verfügung.”
Nee, echt mal, keine Fragen mehr. Tags darauf habe ich die Kündigung abgeschickt.

Die Gerichtsvollzieherin erklärte mir, sie hätte in meiner Wohnung die Unterlagen der KV gefunden und daraufhin alles abgebrochen. Die KV hat die Erledigungsbenachrichtigung wohl per Post vorgenommen. Das ist fortschrittlicher und fixer Service in Zeiten des Internets …

Nicht zu vergessen, seit es das Telefon gibt… Aber ich möchte nochmal auf den Abend der Durchsuchung zurückkommen. Wie war das, in die Wohnung zu gehen in dem Wissen, dass da andere Menschen drin waren und potenziell alles durchsucht haben?

Bevor ich in die Wohnung reinkonnte, musste ich ja noch zur Polizei, um den neuen Schlüssel abzuholen. Der Polizist fühlte sich sichtlich unwohl, als er mir die Schlüssel übergab. Er konnte mir auch nicht sagen, wo evtl. meine Sachen wären, die evtl. gepfändet wurden. Ich hatte ja keine Idee, was die so mitnehmen dürfen und was in deren Augen den zu pfändenden Betrag ausgleicht. Also konnte mir der Polizist auch nicht sagen, was gepfändet wurde. Das war eigentlich mein erster Gedanke: was alles fehlen könnte.

Der erste Schock war schon vorher der Moment, als ich vor meiner Wohnungstür stand und plötzlich nicht reinkonnte. Das fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube. Ich hab mich gefühlt wie ein Strassenköter, den jedeR mal tritt im vorbeigehen.

Als du dann in deine Wohnung rein bist, wie sah es da aus?

Alles wie gewohnt, ausser an ein paar Stellen, wo die Dinge nicht so lagen, wie es meiner Ge_wohn_heit entspricht. Es hat auch nichts gefehlt. Direkt an der Tür lagen ein paar Zettel mit den Formalitäten: welche Zeugen zugegen waren, worum es ging und so. Da erfuhr ich auch zum ersten Mal, dass es um die Sache mit der KV ging. Bis dahin hatte ich ja keine Ahnung über den Grund des Vorfalls. Und konnte mir ehrlich gesagt ein hysterisches Lachen nicht mehr verkneifen.

Du hattest mich damals noch angerufen und mir davon erzählt. An der Stelle war ich einfach nur noch sprachlos. Genau genommen, fehlen mir noch heute die Worte, wenn ich an diesen Moment zurück denke. Zu wissen, dass bei dem betreffenden Sachverhalt 1.900 € Guthaben bestehen… Da reicht kein WTF!?! dieser Welt, um dieses Gefühl zu beschreiben.

Ich versteh auch nicht, woher diese unsicheren Angaben der KV kommen: Erst soll ich 9.000 € bezahlen, dann 1.097 € und plötzlich krieg ich 1.900 € zurück. Am schlimmsten war für mich allerdings der Moment zwischen nach Feierabend zu Hause ankommen und zur Polizeiwache zu fahren. Rein faktisch war ich in dieser Zeit obdachlos.
Danach hatte ich zwar den Schlüssel zu meiner Wohnung, aber die Ungewissheit, wie es darin aussehen könnte oder was möglicherweise fehlen würde … das ist einfach entwürdigend. Und dass in einem Land, in dem die Würde des Menschen unantastbar ist und der private Wohnraum besonderem gesetzlichen Schutz unterliegt. Ein Land, in dem eine Verbraucherministerin sich für die Verpixelung von Hausfassaden im Internet einsetzt. Das macht auch sprachlos. Ich hatte sowas von keinen Bock auf gar nichts. Und ich war heilfroh, dass ich bei Dir erstmal durchatmen konnte.

Ich kann auch nach wie vor nicht nachvollziehen, dass der Sachbearbeiter bei der Krankenkasse offenbar den Postweg gewählt hat, was für mich darauf hindeutet, dass solch ein Sachverhalt für ihn eine “Akte” ist und der Mensch dahinter kaum eine Rolle spielt. Wer mit genügend Zynismus ausgestattet ist, wird sich an dieser Stelle kaum wundern. Unser geliebtes TV ist ja im Grunde auch voll mit diesen Themen. Aber wenn man einmal einen solche Sache so nah miterlebt, wenn man mitverfolgt, wie das System seine Krallen ausfährt, wenn das Schmieröl “Geld” krümelig wird…

In dem Fall war es ja sogar so, dass ich die 9.000 € gar nicht hätte zahlen müssen.

Irgendwannmal habe ich gemerkt, dass ich wütend werde, wenn ich etwas nicht verstehe. Man kann das auch gut bei Kindern beobachten. Nun bin ich ein erwachsener Mensch und kann das abstrahieren. Ausserdem habe ich in ein paar Jahrzehnten Leben auch so etwas wie Geduld schätzen gelernt, um mir im ersten Moment bedrohlich erscheinende Dinge in einem Lernprozess erschliessen zu können. Hier gibt es allerdings nichts zu lernen. Und ich kann mir vorstellen, dass ich mit diesem Gefühl der Wut basierend auf Unverständnis nicht alleine bin.

Wenn man dann noch dazu so entwürdigend behandelt wird – das ist in Sprache nicht mehr zu fassen.

Das Schlimme ist, es gibt an diesem Punkt sehr wohl etwas zu lernen: Du bist auf dich allein gestellt. Du willst wissen, warum dir plötzlich 9.000 € von deiner Krankenkassen in Rechnung gestellt werden? Na, informier dich doch. Da ist was im Argen? Na ist doch klar, dass das nicht stimmen kann! Frag halt nach, kümmer dich! Du bekommst nach 10 Anfragen 10 verschiedene Antworten? Na, dann frag halt die Richtigen! Du weißt nicht, wer das sein könnte? Na, dann kann ich dir auch nicht weiterhelfen! Aus einer solchen Sache lerne ich leider nur eins: Du musst immer auf der Hut sein und bereit sein, sofort zurückzutreten, wenn irgendwas nicht ganz koscher aussieht. Das aber hat zur Folge, dass unsere Gemeinschaft nur noch mehr mit Misstrauen zersetzt wird. Dass noch mehr der Einzelne auf sich selbst zurückgeworfen wird, die eigene Leistung und das eigene Wissen zählt.
…denn Geld ist genau der Punkt. Du hast auch von Freunden erzählt, die zur dir sagten “Naja, aber du hast ja auch nicht bezahlt. Das ist es eben, was dann passiert”. Ich ertappe mich auch oft genug bei dem “so ist es dann eben”-Gedanken. Aber das ist bullshit. Die Vorgehensweisen sind keine in Stein gemeißelten oder gottgebenen Regelungen. Ein System und seinen Systematiken entwickeln eine sogenannte Eigendynamik. Aber das ist m.E. nur ein Mechanismus, den jeder Einzelne von uns nicht mehr überschauen kann – und zack, da ist es, das System, auf das wir angeblich keinen Einfluss haben.

Das ist die Kälte des neoliberalen Individualismus.

Im Grunde lässt sich in dieser Konsequenz der Antworten [die Antworten des Sachbearbeiters bei der KV, der Gerichtsvollzieherin, des Polizisten] gut erkennen, wie hilflos diejenigen sind, die sie geben. Sie ahnen, dass ihnen Ähnliches passieren könnte und überlegen, wie sie sich davor schützen könnten. Rein psychologisch ist ein solch abweisendes bzw. ausweichendes Verhalten vielleicht eine Verdrängung blinder Flecken, die angreifbar machen.

Der Gedanke, in einer Gesellschaft zu leben, in der ein Kontrollapparat außer Kontrolle geraten kann, ist ja auch beängstigend. Wir können ihn allerdings nicht in seine Schranken weisen, ohne uns sozial zu solidarisieren. Wenn etwas einem Menschen passieren kann, kann es auch dem anderen Menschen zustoßen. Darin sind wir alle gleich. Das gilt vermutlich auch beispielsweise für die Gerichtsvollzieherin, die sich während des Telefonats deutlich unwohl fühlte und eigentlich auch nicht erklären konnte, was sie da nun genau getan hat und warum. Oder der Polizist, der mir die Schlüssel gab: ihm war es sichtlich unbehaglich, mir wie einem unmündigen Kind die Schlüssel für meine Wohnung übergeben zu müssen.

Es sind Gesten der Hilflosigkeit.

Die – bei aller notwendigen Erklärung – nicht als Entschudigung missverstanden werden dürfen und die über die Handlungsmöglichkeiten eines jeden von uns nicht hinwegtäuschen dürfen!

Vielleicht hast Du recht und es gibt etwas zu lernen: mit Sicherheit werde ich das nächste Mal, wenn ein zu zahlender Betrag nicht eindeutig feststeht, darauf bestehen, dass ein Mahnverfahren sofort ausgesetzt wird.

7 Comments

  1. Ich zitiere mich mal selbst (aus nem Artikel über die Duisburger Loveparade):
    Eine perfekte Technokratie ist dann erreicht, wenn man es geschafft hat, ein System zu erschaffen, in dem jegliche Verantwortung zunächst in kleine Teilverantwortungen aufgeteilt wurde und diese Verantwortungssplitter dann von Personen und Ämtern weg direkt in die Prozesse verlagert wurden.
    Am Ende wird man Fehler im Prozess identifizieren. Man wird darüber schimpfen, den Prozess auch klar als mangelhaft bezeichnen und vielleicht sogar als “Pfusch!”, aber der Prozess wird Schuld sein. Nicht etwa die Beteiligten am Prozess. Die haben sich nichts vorzuwerfen, weil sie sich klar an den Prozess gehalten haben. Denn in perfekten technokratischen Systemen gibt es keine Verantwortlichen.
    (http://jensscholz.com/index.php/2010/07/30/duisburg-und-die-perfekte-technokratie)

  2. Das Vorgehen der Krankenkasse ist da gar nicht so unüblich – bei mir wollten sie während des Studiums plötzlich rückwirkend knapp 18.000 Euro von mir. Hat man während des Studiums natürlich immer mal so übrig. Nachdem ich mir sofort einen Anwalt geholt habe, und der mehrere böse Briefe verfasst hatte, war das alles gegenstandslos. Die mehreren hundert Euro Anwaltskosten durfte ich aber natürlich selbst bezahlen.

    Besonders schön war dann das Telefonat, als die Krankenkasse mich kurz drauf anrief, sie würden gar nicht verstehen, weshalb ich gekündigt hätte. Und mir erklären wollte, weshalb das Szenario so jederzeit wieder passieren könne, und das auch normal und fair von der Krankenkasse sei.

    Ich hätte nicht gedacht, dass es mal ein Unternehmen gibt, das bei mir in der Sympathie noch unter Gema und GEZ landet.

  3. Äh. Ist das ein anderer Fall oder geht es um Creezy?

  4. @Ingeborch Das hier ist eine andere Person, es geht nicht um creezy persönlich. Ich habe keine Ahnung, was im Detail wie bei creezy vorgefallen ist. Aber die Ereignisse ähneln sich. Sehr sogar.

  5. In dieser bedrückenden Schilderung wird “Der Terror der Selbstverständlichkeit” spürbar, den Matthias Mergl in seinem gleichnamigen unrast-Buch über den “Neo-Individualliberalismus” schildert. Dieser ungreifbare, sich immer wieder entziehende Terror agiert unter dem Motto: “Jedes ist seines Glückes Schmied”.

  6. Ich sag mal LOL
    erinnert mich an die damalige Situation meiner Freundin (mitlerweile Ehefrau):
    Sie war 2,5 Jahre arbeitslos, bekam kein H4 da sie bei mir wohnte und ich zuviel verdiente (damals ca. 1300€, ein echtes Vermögen also;))
    Da sie kein H4 bekam, war sie auch nicht krankenversichert übers Arbeitsamt, sondern hätte sich von ihrem (nicht vorhandenen) oder meinem Einkommen freiwillig versichern müssen. Für damals ca. 153 € /Monat.
    nach 1,5 Jahren bekam ich eine Gehaltserhöhung und wir dachten uns “Komm, jetzt können wir dich ja krankenversichern”
    Also Anmeldung bei der AOK eingereicht- aber nix da ! Durch irgendein Gesetz, welches die KV-Mitarbeiter nicht näher benennen konnten, ist man gezwungen LÜCKENLOS versichert zu sein. Was das heißt ? meine Frau sollte 18x 153 € nachzahlen für die Zeit, in der sie NICHT versichert war, um in die KV aufgenommen zu werden. Nachmal: Sie sollte über 2500€ bezahlen für 1,5 Jahre, in denen sie effektiv nicht versichert war. Wir dachten das ist ein Irrtum und gingen zur AOK.
    Die Mitarbeiterin sagte uns, dies sei völlig normal und rechtlich korrekt. Ab da saß ich nurnoch sprachlos vor ihr. Mein Freundin verkraftete die absurdität etwas besser und fragte nach, wie sie denn ohne Einkommen, ohne Bankkonto und ohne Unterstützung vom Arbeitsamt diese Summe aufbringen solle. die Antwort: “Ihr Lebensgefährte verdient doch sehr gut (1600 €!!) – er kann es doch locker bezahlen. Und falls er das nicht möchte, gehen sie doch einfach zur Bank und holen sich ein Darlehen” Wie gesagt: Kein Einkommen, kein Bankkonto !

    denke das ist ein weiteres, gutes Beispiel für diese Irre Bürokratie….

  7. Hm. Von solche Ereignissen zu lesen, stimmt mich immer nachdenklich. War lange Zeit selbst in einer Situation wo ich mich mit Gerichtsvollziehern herumgeschlagen durfte und da lernt man auch, dass längst nicht jede Forderung Substanz hat.
    Was mich aber sehr verwundert ist, dass das Aufbrechen der Wohnung ohne vorherige Ankündigung erfolgt sein soll.
    Denn das ist zunächst einmal illegal (das Gesetz verlangt, dass vor der Anwendung von Zwangsmitteln um eine Wohnung zu durchsuchen, der Schuldner erst einmal aufgefordert werden muss die Öffnung freiwillig vorzunehmen) und widerspricht auch meiner Erfahrung mit Gerichtsvollziehern. Zwar tauchen die sehr gerne ohne Ankündigung auf, hinterlassen dann aber *immer* eine Information, das sie da waren, dass man sich mit ihnen in Verbindung setzen solle und warnen vor den Folgen, wenn man das nicht tut. In den meisten Fällen kündigten sie mir sogar den nächsten Termin an, zu dem sie erscheinen. Zum Aufbrechen meiner Wohnung kam es nie.

    Nun ist mir natürlich klar, dass das nichts ungeschehen macht. Aber wenn sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen haben, wie beschrieben, würde ich in Erwägung ziehen einen Anwalt zu beauftragen und die verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Ich bin natürlich kein Anwalt, aber ich schätze schon, dass bei Verletzungen der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13, GG; duch staatliche Organe, denn nichts anderes ist das Hauptzollamt) eine Entschädigung raus holen lassen sollte.

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