die katrin

my photography & other stuff

1. August 2012
by katrin
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Im Milchflaschentraumland.

Im Bus sitzt ein altes Pärchen. Er hat sie ans Fenster vorgelassen, weil sie dort offenbar so gerne sitzt. Der Bus fährt aus der Innenstadt raus, am Hafen vorbei über die Bay hoch nach Takapuna. Es ist ein herrlicher Anblick. Nach rechts raus der Hafen von Auckland. Vorne die ganzen Segelbotte, hinten die großen Anlegestellen. Links raus brachliegende Ufer und nahezu unbewohnte Ecken. Ungefähr auf der Mitte der Brücke über der Bay schaue ich zu ihnen rüber. Sie sind beide weggenickt, sie mit dem Kopf gen Fenster geneigt.

Busfahrer in Auckland sind ein lustiges Völkchen. Heute hektisch zum Bus gerannt. Einiger Meter weg sehe ich den Fahrer draußen stehen und rauchen. Er signalisiert mir schon, dass ich ruhig machen kann. Es geht erst in 7 Minuten los. Ich bleibe unschlüssig in der Tür stehen, mein Gesicht macht mal wieder hemmungslos von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch. „Oh, it‘s okay, you can come in or stay outside for those few minutes.“ „Yeah, I‘m actually thinking of joining you with that cigarette.“ (Ich grabbel nach meinem Tabak) „Be my guest, you want one?“ So kann‘s gehen. Wie sich heraustellte, ist der Mann der geborene Busfahrer. Er liebt es, ständig Leute um sich herum zu haben.

takapuna beach

Im City Centre gibt es einen City Watch. Leute in gelben Westen laufen durch die Straßen und gucken nach dem Rechten. Tagsüber bedeutet das, unerlaubte Straßenstände und Bettler zu vertreiben und als Handlanger der Polizei „disorderly behaviour“ zu melden. Nachts wird dann klar, was darunter verstanden wird. Wer vorm Pub oder einer Bar zu laut ist bzw. offensichtlich betrunken, dem wird nahegelegt, dass es doch nun besser sei, nach Hause zu gehen. Wie weit dieses ,Nahelegen‘ geht, hab ich noch nicht rausgefunden.

Es hat nicht einmal 24 Stunden gebraucht, bis ich hier angekommen bin. Dazu muss ich jetzt mal wieder ein bisschen ausholen. Ganz lange Zeit kam mir dieser Trip einfach nur heillos surreal vor. Klaro, icke, auf der andern Seite der Welt, 12 Monate damit beschäftigt, meinen Jugendtraum zu erfüllen. Haha! In den letzten Tagen wurde es dann ein bisschen realer, aber ich fühlte mich mehr so als würde ich in Urlaub gehen. Und meine Wette mit mir selbst lief, dass ich am Ende einer üblichen Urlaubszeit, also nach ca. 2-3 Wochen begreifen würde, dass das alles ein kleines wenig länger geht. Nun ja, Wette verloren. Es brauchte lediglich den Anblick von Plastemilchflaschen mit Henkel (die, die auch in England überall rumstehen). Fuck yeah!!! Und das kann ich jetzt 1 Jahr lang haben!!! Geile Scheiße!!! Und schwupps, war da dieses kleine, feine Gefühl von Angekommensein. Zugegeben, die Beantragung der Tax number und die Aussicht auf neuseeländisches 3G dürften ein nicht unwesentliches Fundament gelegt haben. ABER PLASTEMILCHFLASCHEN MIT HENKEL!!1!11!1!! Die Welt kann mich sehr leicht glücklich machen.

auckland city centre

Und jetzt noch ein paar kleine Details. Bei Burger King gibt es als Mayonnaise lediglich Aioli Sauce. Moleskine Notizbücher der Größe A6 kosten 30,- NZD (= ca. 20,- EUR, ist das in D auch so teuer?). Ich werde morgen aus diesem unsäglichen City Centre verschwinden und ein süßes, kleines Hostel den Berg hoch beziehen. In der Hoffnung, dass dort nicht nur Partyvolk unterwegs ist.

29. July 2012
by katrin
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Der vorletzte Abend.

Ich bin offiziell totgefeiert. Ich kann nicht mehr.

Es ist der vorletzte Abend vor meiner Abreise. Man sollte meinen, ich sitze mit meinen Liebsten zusammen und saufe mir die Hucke voll. Stattdessen sitze ich an dem Ort, an dem ich die letzten vier Sommer genossen habe (unserem Balkon) und genieße Bier und Chips in ganz besonderer Runde (mit mir und meinen Träumen).

Bier. Jever. Mein Bier der letzten Jahre. Ich genieße jeden einzelnen Schluck. Denn es werden die letzten für eine ganz schön lange Zeit sein. Wenn ich durch die Stadt laufe, muss ich unwillkürlich daran denken, dass ich das hier auf lange Zeit nicht mehr sehen werden. Im Kopf gesellen sich Bilder aus Auckland dazu. Ich freue mich wie Bolle auf die erste Erkundungstour durch die Stadt. Auch wenn ich mich seit ein paar Wochen bewusst fernhalte von irgendwelchen Reiseberichten, konnte ich neulich doch nicht widerstehen und bin mit Google’s Street View mal durch Downtown Auckland geschlendert. Hässliche Innenstadt. Ganz viel Alu-Glas ist mir da ins Auge gesprungen.

Die letzten Male für eine ganz schön lange Zeit. Continue Reading →

5. July 2012
by katrin
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Was macht man in Berlin eigentlich mit friedlichen Hausbesetzern jenseits der 60?

In Pankow in der Stillen Straße haben Senioren ihren Seniorenklub besetzt. Der Bezirk will das Haus verkaufen. Es sei ein Filetgrundstück, wie man heutzutage so gerne sagt, mitten im grünen und ruhigen Pankow. Pankow, ein Bezirk übrigens, der heimlich, still und leise immer teurer wird und derzeit seine ganz eigene Geschichte der Gentrification erzählt. Es gab hier nie die Künstler und Studenten, die in billige Häuser gezogen sind und unten im Erdgeschoss ihre Läden aufgemacht haben. Keine Clubs, keine Parks, keine Flussufer, an denen Tag und Nacht alle rumhängen und das süße Leben genießen. Ich kenne mich zu wenig mit den Details aus, weiß nicht, wann es dort begann, wie die Wanderbewegungen aus anderen Bezirken oder Städten dorthinein und -heraus aussehen mögen. Ich kann nur vermuten, dass Pankow aufgrund seiner innenstadtnahen Lage prädestiniert ist, von den urbanitätsermüdeten Menschen erobert zu werden. Und wenn der Flughafen Tegel erstmal dicht gemacht hat… Andrej Holm hat schon 2010 von einer Umzugsketten-Gentrification gesprochen, die z.B. Pankow und auch Weißensee betrifft.

Aber zurück zum Seniorenklub. Das erste Mal hörte ich Ende April auf einer Demo davon, dass das Haus von der Räumung bedroht ist. Es ging um die Wabe, die KvU, die um 180° gedrehte Einstellung des Pfefferbergs, das Hausprojekt in der Linienstraße. Allesamt Orte für eher jüngere Menschen. Nun also auch die älteren. In der Berliner Morgenpost, ausgerechnet, gibt es einen offenbar guten Einblick, was derzeit im Haus in Pankow passiert: “Occupy Seniorenklub: Wie Berliner Rentner zu Hausbesetzern wurden“. In diesem Zusammenhang übrigens sehr empfehlenswert auch hier wieder Andrej Holm, der einen vielfältigen Überblick über die derzeit stattfindenden Proteste in Berlin gibt und die Darstellung in den Medien unter die Lupe nimmt.

Der Bezirk in Pankow gibt sich ratlos. Die sonst so gut eingeübten Drohgebärden samt aufgestellten Wannen vor dem Haus sind hier unangebracht. Die Politiker können nicht einfach ihre Handlungsoptionen auf die Polizei abschieben. Plötzlich sind sie selbst gefordert, zumal der Bezirk in diesem Fall auch Eigentümer ist. Ich bin gespannt, wie sich die Situation weiterentwickelt, mit welchen Mitteln der Bezirk vorgeht. Einen ersten, kleinen Einblick gibt ein Vorfall gestern, bei dem es um einen Schlüssel ging, der vergleichsweise harmlos mehrmals den Besitzer wechselte (Bericht dazu auf berlin.de). Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Kirchner hat versucht, über den Umweg eines jüngeren Sympathisanten die Situation in Richtung der klassischen “Feindbilder” zu stilisieren. Am interessantesten ist dabei eigentlich, dass die stadteigene Seite berlin.de in dem Artikel eine ausführliche Darstellung der Perspektive der Senioren bringt. Daraus wird deutlich, dass der Hausmeister durch sein Verhalten nicht weniger zur – vermeintlichen – Eskalation beigetragen hat. Leider wird dort nichts dazu gesagt, in wessen Auftrag und aus welchem Grund der Mann das Haus betrat.

20. June 2012
by katrin
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60 Liter, ein Beutel und die Dinge, die du am Leib trägst.

In 7 Wochen werde ich ein Flugzeug besteigen. Ich werde für 15 Monate nicht mehr zurückkommen. So der Plan. Ich habe mein Zimmer gekündigt. Die Dinge, die ich zurücklasse, sollen nicht mehr als 4-5 Kisten füllen.

Da ist die Frage, welche Sachen ich verschenke und welche hier in Berlin bleiben. Und was kommt in den Rucksack? Ein Jahr in einem Land mit ähnlichen Wetterverhältnissen wie hier. Ich werde nur wenige Wochen oder Monate an einem Ort bleiben. Ich werde immer wieder mit dem Rucksack durch die Lande ziehen. Was also soll dort hinein? Was aus diesem Leben hier soll mit? Was soll in jedem Fall danach noch bei mir sein? Und nehme ich es dann vielleicht besser gar nicht mit? Was kann ich verschenken? Was besser nicht? Was soll auch in diesem einen Jahr bei mir sein? Worauf kann ich verzichten? Was ist mir so viel Wert, dass ich es mitnehme, aber eventuell auch irgendwo stehen lassen kann?

Mein Laptop kommt in jedem Fall mit. Eine kleine digitale Kamera (eine kleine Ricoh, macht klasse schwarz-weiß-Bilder). Ein USB-Stick. Mein Telefon. Auch die Maus? So eine kleine, leichte vielleicht? Die Netzteile und Kabel. Ein Notizbuch und Stifte. Auch ein paar Malstifte? Zahnbürste und -pasta, Duschgel/Shampoo, Haargel, ein paar Wattepads, Creme. Auch das gute, aber recht schwere Waschpeeling? Und ein Kulturbeutel für all das kann auch nicht schaden. So ein kleines, schnelltrocknendes Handtuch besorge ich mir noch. Wie viele Klamotten? Und was? Wenn ich ankomme, ist Winter. Kommt der Badeanzug schon mit? Der ist klein und leicht. Den werde ich wohl eher mal brauchen. In Auckland gibt es sage und schreibe 10 Schwimmhallen. Was kommt mit als Tasche, damit ich tagsüber in den Orten meinen Kram mit mir rumtragen kann?

Genügt es, für fünf Tage Wäsche mitzunehmen? Oder doch lieber für sieben? Und wieviele Pullover? Noch ein zweites Paar Schuhe? Oder lasse ich sie hier stehen und kaufe mir da drüben welche? Und muss sie dann ja sowieso irgendwie mit mir rumtragen, wenn ich den Ort wechsle. Eine ordentliche wetterfeste Jacke habe ich noch gekauft. In den Bergen komme ich mit meinem Berliner “3 dünne Pullover unter der Jeansjacke”-Prinzip nicht mehr weit. Kommt der Schlafsack mit? Oder kaufe ich mir lieber einen, wenn ich ihn dann auch wirklich brauche? Es können gut und gerne drei Monate ins Land ziehen, bevor ich ihn dann das erste Mal benutze. Vielleicht aber auch nur 2 Wochen. Wer weiß schon, was ich da machen werde? Wo ich schlafen werde? Ich jedenfalls nicht.

Einige Antworten habe ich bereits. Einige Fragen sind noch offen. Einiges wird selbst am Tag der Reise noch unklar sein. Ich werde in den kommenden Wochen ein paar Mal meinen Rucksack Probe packen. Ich werde weiter überlegen, was ich nicht überhaupt brauche oder was ich vielleicht dich nochmal extra kaufe. Ich werde die Outdoorläden der Stadt durchstöbern, das Internet wälzen. Es ist unfassbar, was für großartige Dinge es dort gibt.

drip coffee maker

12. April 2012
by katrin
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Bild? Not in my mailbox!

Wer’s noch nicht gehört hat: Springer gönnt sich zu all den Jubiläen in diesem Jahr mal was richtig nerviges. Am 23.6. gibt es einmal Bild für alle, gratis und frei Haus. Und nachdem wir alle fertig sind mit Gruseln, wieviel Kapital und wieviel Arroganz da dahinter steckt, heißt es: überlegen, was tun.

Eine Variante ist, Springer die Zustellung zu untersagen. Das geht schriftlich, z.B. via Campact. Die Damen und Herren haben einen automatischen Mailversender mit vorgefertigtem Text für die Untersagung eingerichtet. Ganz nach dem Prinzip der kritischen Masse ist die Idee, dass viele viele Menschen die Zustellung untersagen und – so Springer das auch nur ansatzweise ernst nimmt – dadurch ein organisatorisches Problem entsteht. Anstatt das Dreckslaltt einfach blind in jeden Briefkasten zu schmeißen, müssten die Zusteller eine Liste erhalten, wo sie das Exemplar einwerfen dürfen und wo nicht. Bei rund 40 Millionen Haushalten in Deutschland könnte das (bei entsprechender Verweigerungsmasse) eine interessante Herausforderung werden.

Aber wie gesagt: so Springer das auch nur ansatzweise ernst nimmt. Ich persönlich glaube da ja keinen Millimeter dran. Wem seit Jahrzehnten die Grundrechte eines Landes schnurzegal sind, wird nicht plötzlich bei einer, dazu auch noch großangekündigten, Jubiläumsausgabe anders verfahren. Außerdem bin ich wenig geneigt, Springer meine persönlichen Daten (via Campact auch meine E-Mail-Adresse) auch noch freiwillig zuzuspielen.

Der neuralgische Punkt sind bei dieser Aktion auch eher die Zusteller. Würden die nicht ausliefern, wäre das Ganze für die Katz. Nun habe ich keinen blassen Schimmer, wie man im Vorhinein Menschen davon abbringen könnte, als Zusteller tätig zu werden. Ich hab auch keine Ahnung, wie das überhaupt geplant ist.

Aber es gibt in jedem Falle Widerstand vor Ort: an unserem Briefkasten. Wie das genau aussehen wird, weiß ich noch nicht. Ich denke, Kaffee wird eine zentrale Rolle spielen. Ich halte euch auf dem Laufenden.

1. April 2012
by katrin
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Blick in die Zukunft?

Dass die im Bundestag vertretene Partei Die Linke, bzw. genauer einige ihrer Mitglieder, vom Verfassungsschutz beobachtet werden, ist nicht so ganz die neueste Nachricht. Aber wann immer ich da mal genauer drüber nachdenke, wird mir regelmäßig schlecht. Eine staatliche Behörde verdächtigt ihre eigenen gesetzgebenden Organe.

Und eben diese staatliche Behörde geht in die Schulen und erzählt von ihrer Arbeit. “Aufklärung über Extremismus” heißt das dann und will den Zöglingen Grundlagen der demokratischen Ordnung nahebringen und von deren Widersachern berichten. Ich wiederhole nochmal: Diese staatliche Behörde verdächtigt ihre eigenen gesetzgebenden Organe.

Ein kurzer Bericht über den Verfassungsschutz Niedersachsen, der diese Schulungen vornimmt, neulich in der Berliner Zeitung.