die katrin

my photography & other stuff

17. March 2013
by katrin
0 comments

Dinge, die sich ändern, seit ich älter werde.

Lange Zeit sah ich mich selbst als einen Menschen, der zu anderen aufblickt. Ich bewunderte, was andere Menschen machen und wie sie sind. Ich selbst hatte immer das latente Grundgefühl, dass ich nicht viel zu bieten hatte. Dann kam eine Zeit, in der ich mich selbst als einen Menschen sah, der bestimmte Sachen an anderen Menschen bewundert und ansonsten war (und bin) ich recht zufrieden mit dem, wie ich mich selbst sehe. Und jetzt passiert es mir immer häufiger, dass Menschen um mich herum sind, die nachfragen, wenn ich von irgendwas erzähle, die mehr wissen wollen. Wenig Wunder, wenn ich hier in so vielen Momenten die Älteste in der Runde bin. Plötzlich stehen Menschen vor mir und sagen: wow, das is so cool, das will ich auch machen! Und ich muss gestehen, dass mir das an ein bis drei Abenden auch schon zu Kopf gestiegen ist. Abende, an denen ich plötzlich die Alterskarte gezogen habe, um in Diskussionen ein vermeintliches Argument anzubringen. “Jaja, werd du erst mal n bisschen älter…” Arrogante Kackscheiße ist das, und kein Fliegenschiss mehr.

Die Erfahrungen des eigenen Lebens, der eigenen Vergangenheit und Diskussionen einzubringen: Ja. Immer. Das kann nur bereichernd sein. Sich damit über andere Menschen und deren Ansichten stellen: Excuse me, who are you again? Viel zu oft treffe ich Menschen (unter anderen mich selbst), die ihre Neugier auf das Leben und die Welt gegen Zynismus eintauschen. Und _das_ kann ganz schnell zu arroganter Kackscheiße werden. In meiner Erfahrung ;).

Passend muss noch ein Spruch, den meine liebe Freundin A. vor einiger Zeit bei Facebook aus der Poesiealbumskiste rausgemottet und entstaubt hat: Alle haben immer gesagt, dass geht nicht. Also hat es keiner gemacht. Dann kam einer, der wusste das nicht. Und hat es einfach gemacht.

3. February 2013
by katrin
1 Comment

Der Grimm des anderen.

Er hat jetzt sein eigenes Zimmer bekommen. Ich kannte ihn bereits aus Dunedin. Ein Freund von mir hat dort mit ihm einen Monat im gleichen Hostel gewohnt, zeitweise auch in einem Zimmer. Ich schätze ihn auf Ende dreißig, groß und schlaksig, seine Gedanken eher weiter weg vom kulturellen Mainstream. Er bezeichnet seine Zeit vor Neuseeland als spirituelle Phase, fünf Jahre hat sie angehalten. Es könnte spannend sein, mit ihm zu sprechen, seine Sicht auf die Welt zu hören. Aber etwas hält mich davon ab. Da ist immer etwas grimmiges in seinen Augen, beobachtend, beurteilend, verurteilend. Wenn er mit Leuten spricht, spricht er nicht mit ihnen, sondern zu ihnen, Monologe werden es, sie ermüden das Gegenüber. Immer Contra, immer die eigene Sicht in die Länge ziehen. Alle Gespräche, die ich mit angehört habe und die wenigen, die ich selbst mit ihm geführt habe, enden mit dem Schweigen des Gegenübers. Ich bezweifle, dass er ahnt, warum. Die Jugendlichen auf dem Höhepunkt ihrer hormonellen Getriebenheit nerven ihn. Dennoch bleibt er. Sich einen anderen Ort zu suchen, das kommt ihm nicht in den Sinn. Warum sollte er, er hat genauso ein Recht hier zu sein wie alle anderen auch. Dagegen ist wenig zu sagen. Und doch, am Ende ist er derjenige, der genervt und alleine vor seinem Rechner sitzt. Zu viel Selbstgerechtigkeit treibt andere hinfort. Gestern abend ist das Grimmige nach außen getreten. Mehrmals hat er versucht zu provozieren, hat sich in Gespräche eingemischt, Leute beleidigt, “wanna fight? you can have it, right now!” Selbst abends im Zimmer gegenüber dem Zimmerkollegen. Keiner hat sich drauf eingelassen. Aber am nächsten Morgen gingen die Geschichten rum. Da der Zimmerkollege als Konsequenz nach einem anderen Raum fragte, haben auch die Hostelleute davon Wind bekommen. Sie haben ihn nicht rausgeschmissen, obwohl sie anscheinend darüber nachdachten. Passiert ist ja nichts. Und wegen einmal? Aber sie wollen auch nicht das Risiko eingehen, dass sich jemand nochmal in seinem Zimmer, in dem Raum wo man schläft und wo alle Sachen sind, bedroht fühlt.

2. February 2013
by katrin
1 Comment

Wale sind die neuen Schafe.

Nach Kaikoura kommen die Menschen wegen der Seelöwen und der Wale. Bis vor 20 Jahren war das Örtchen klein und verschlafen. Dann kamen die Wale. Und mit ihnen die Touristen. Und mit den Touristen ganz viel neues Einwohnervolk. In der Bucht kann man die alten Häuser, die alte Stadtstruktur sehen. Die neu Hinzugezogenen breiten sich um den State Highway herum aus. Rein von außen scheint Kaikoura aber dennoch eine feste Sozialstruktur zu haben (sorry, mit fällt grad kein weniger elaboriertes Wort ein). Sehr offen wird die Kaikoura Community gelebt. Überall sieht man Schilder, die darauf hinweisen, was die Community so alles macht. Auch für und mit dem Tourismus läuft da einiges. Oft genug hat auch der Lions Club seine Finger im Spiel. Mich lässt das ja immer sehr skeptisch zurück. Viel Charity machen sie hier, die Clubs. Aber dennoch sind Clubgebühren auch hier Standard. In Kerikeri zum Beispiel sind es rund 500,- Dollar im Jahr. Und es ist die Loyalität den Clubfreunden gegenüber (selbstgefühlt oder von außen angeraten), die einen dann dazu bringt, bei den entsprechenden Geschäften einzukaufen etc. Dies ist by the way einer der Gründe, weshalb ich diesem Land gegenüber so skeptisch bin. Rotary, Lions, die Freimaurer, in vielen Orten steht am Ortseingangsschild ein weiterer Pfosten mit Schildern aller Clubs, die im Ort vertreten sind.

Anyways. Wale. Meine Damen und Herren, hier nun ein paar Orcawale.

Musik: The Holiday von Jordan’s Folk

Abweichend von meinem sonstigen Standard ist dieses Video unter der Lizenz CC-BY-NC-SA veröffentlicht.

2. February 2013
by katrin
6 Comments

Ein halbes Jahr.

Ich mach das jetzt mal chronologisch. Seit Wochen sage ich tagsüber Sätze und Absätze vor mich her. Im Takt der Maschinen entwickelten sie ihren eigenen Rhythmus. Für jedes Aufnahmegerät war es zu laut. Vergessen waren sie des Abends. Und viel ist es. Zu viel. Zu vieles schon wieder vergessen. Vielleicht auch gut so. Wer weiß das schon.

mt eden

August. Auckland. Thames. Rotorua. Ankunft in Auckland. Die erste Woche völlig verschlafen. Die ersten Traveller kennenlernen. Mit ein paar Kiwi-Familien leben. Der Sonnenuntergang über der Bucht so wunderwunderschön, so friedlich, so bezaubernd, dass du weißt, du wirst nie wieder ohne Sehnsucht nach Berlin zurückgehen können. Als ich die ersten Male mit dem Bus gefahren bin – vorbei an den Buchten links und den Bergen rechts – musste ich weinen vor Freude. Es war dies die Zeit des Anfangs. Ich habe Berlin hinter mir gelassen, bereit in einem anderen Land mein Leben zu leben. Auf Probe wenn man so will, nicht so auswanderermäßig, nur für ein Jahr. Aber ich dachte mir, so müsse sich das anfühlen mit dem Auswandern. Nur das Heute und Morgen zählt. Die einzige Verbindung zu meiner Vergangenheit bin ich. Ich hatte ein unerschütterliches Vertrauen in die Dinge, dass das alles gut so ist. Dass alles gut gehen wird. Ich habe immer gehofft, dass der Spruch wahr ist: Das Glück ist mit den Reisenden. Wohl wissend, dass dies nicht allein bedeutet, nur den Ort zu wechseln.

the coromandel

Kuirau Park

September. Blenheim. Vineyards. Das Grapevine. Ein Hostel wie eine WG. Instantwohlfühlgefühl. Und eine Soap Opera sondergleichen. Die erste Affäre. Lange Zeit hatte ich mir Gefühle verboten. Ich wollte unbeschwert in die Welt hinaus wandern. Als ich hier ankam, wusste ich dass das schon gut so war. Ich fühlte mich frei und im Reinen mit mir selbst. Keine Rücksichtnahme, kein nichts, was sonst so alles an Verbindlichkeiten einer Beziehung mit auf Reisen geht. Und ich rede nicht allein von Monogamie. Da ist immer dieses kleine nagende schlechte Gewissen, dass der Liebste zurückgelassen ist, während man selbst auf große Abenteuerreise geht. Da ist immer wieder die Sehnsucht, der andere möge doch am liebsten hier sein. Nein, es ist gut, keine Liebe in Berlin gelassen zu haben. Die Freunde so weit weg zu wissen ist hart genug. Aber es ist umso besser, dass das jetzt vorbei ist.

Vineyard near Seddon

Oktober. Noch ein Schwupps Blenheim und der Rest Kerikeri. Sandfliegen, diese elendigen Mistviecher. Sehen aus wie kleine Fliegen, beißen sich in Armen und Unterbeinen fest, pieksen ein wenig heftiger als Mücken und hinterlassen als Andenken heftig juckende, große, rote Punkte. Dafür sind die Mücken um einiges nachsichtiger als ihre mitteleuropäischen oder indischen Kollegen. Das juckt ein wenig nach dem Biss und dann ist vorbei. Kerikeri war der fünfte Ort, an dem ich hier wohnte. Der fünfte Ort und immer noch kein besonderer Enthusiasmus für ein Städtchen. Dieses komische zwiespältige Gefühl gegenüber Neuseeland stellt sich so langsam ein. Ich bereue nichts, bin gerne hier und ich wüsste auch nicht, an welchem Ort ich derzeit lieber sein wollte. So viele Menschen, die ich hier kennenlerne, sind gute Menschen. Nicht alle natürlich, aber die lerne ich auch nicht kennen, die treffe ich nur. Aber zu vieles an diesem Land stimmt nicht. Es ist nicht das Paradies, dass die Expats in Coromandel hofften zu finden. Das ist es nur, wenn man die Augen vor der Realität verschließt und sich in seine kleine, grün-hügelige Welt einmummelt. Dennoch, immer wieder auch der Gedanke, dass es nirgendwo perfekt ist. Dass ich noch genug Zeit habe, andere Orte auf diesem Planeten kennenzulernen. Kerikeri auf jeden Fall. Ganz oben im Norden. Ein paar Wochen Liebesnest. Dann ist es vorbei. Zu viele Geister der Vergangenheit huschen warnend an mir vorbei.

chch sunset-4

November. Christchurch. Mit meinem letzten Geld quartiere ich mich im Drifters ein. Meine Heimat für die kommenden drei Monate. Jetzt heißt es Job suchen, aber ernsthaft. Das neuseeländische Konto ist leer, das deutsche im Minus. Eine Plastefabrik ist es geworden. Machine Operator darf ich mich nennen. Ich stehe auf der einen Seite der Maschine und sammle die Plasteschalen ein, um sie in Kartons zu verpacken. Zwischendrin füttere ich die Maschine mit frischem Rohplastik, auf Rollen aufgebahrt. Wenn irgendwas schief geht, muss der engineer ran. Es ist ein Job mit viel Routinen. Wie schon auf den Vineyards, reih auf, reih ab. 50 Schälchen in den Karton, die nächsten 50 Schälchen in den Karton, zukleben, nächster, Palette um Palette. Es ist in beiden Fällen sehr erholsam. Wenn man seine Zeit nur in Schulen, an Unis und in Berlin-Mitte-Agenturen zugebracht hat, verliert man dann doch schlicht die Bodenhaftung. Egal wie sozialkritisch ich in den letzten Jahren unterwegs war, meinen Wein und mein Bier und all die Dinge aus dem Supermarkt habe ich dann doch immer völlig selbstverständlich hingenommen. Nie auch nur einen Hauch von Ahnung gehabt, wieviele Hände allein bei der Produktion der einzelnen Inhaltsstoffe beteiligt sind, ganz zu schweigen von dem ganzen Verpackungskram. Aber woher soll man das auch wissen. Vielleicht mal aus einer Sendung mit der Maus. Und selbst dann gerät sowas in Vergessenheit. Was will man mit solch einem Wissen auch anfangen? Anyways, es macht mich dennoch froh, dass ich so einiges mehr mittlerweile nicht mehr selbstverständlich benutze, sondern sehe, was ich da benutze. Der November in Christchurch bringt auch meine zweite Affäre. Sie wird eine Offenbarung für mich und birgt eine sehr interessante Freundschaft. Das Drifters hat ebenfalls großes Soap Opera Potenzial in sich. Wie das eben so ist, wenn viele Menschen längere Zeit auf engem Raum zusammenleben und sich jeden Tag sehen. Die Wochenenden sind gespickt mit Ausflügen. Banks Peninsula, Lake Tekapo, Hanmer Springs, Arthurs Pass. Im Januar folgen Kaikoura und nochmal Hanmer Springs. Mountainbiken im Hanmer Forest macht einfach zu viel Spaß. Es sind gute Wochen.

lake tekapo-38

hanmer springs-24

arthurs pass-4

Dezember. Christchurch, Dunedin, Queenstown. Die Ausflüge waren günstig, aber ansparen ist was anderes. Neben meinem Plastefabrikjob arbeite ich jetzt auch im Hostel. Sechs Tage die Woche 10-11 Stunden arbeiten. Am Tag bleibt vielleicht eine Stunde für mich, eine Stunde, die nicht für die Selbsterhaltung, Hygiene oder den Arbeitsweg draufgeht. Es zehrt. Und das waren nur ein paar Wochen. Immer wieder denke ich an die Menschen, die Jahre, jahrzehntelang so arbeiten, arbeiten müssen. Weil das Geld sonst nicht reicht. Weihnachten und das Jahresende rücken in großen Schritten näher. Keinem von uns wir dso richtig weihnachtlich ums Herz. Mir persönlich ist das ganz recht. Ich liebe die großen Essen in unserer WG, es waren immer besondere Tage. Aber das waren all die anderen großen Essen in unserer WG auch. Es ist wie mit dem Valentinstag. Ich brauche keinen speziellen Tag im Jahr, um mich darauf zu besinnen, dass ich gute Menschen im mich herum habe. Aber wenn schon alle so’n Fass aufmachen, dann kann man ruhig schon auch was Besonderes machen. Grillen am Strand zum Beispiel. Loch in den Sand buddeln. Große Baumstammreste als Gerüst für das Rost drauflegen. Noch ein paar Löcher für das Bier buddeln. Fertig ist das Strandbarbeque. Hier habe ich mich das erste Mal auch ins Wasser getraut. Viel zu kalt sonst. Ich bin ja mittlerweile echt so ‘ne Frostbeule geworden. Als kleines Kind haste mich mit der Angel wieder rausfischen müssen, weil ich freiwillig niemals nicht… Heute. Alles anders. Und dann überlegte ich die ganze Zeit, ob das mein erstes Mal Baden im Pazifik war. Ich konnte mich an keine andere Gelegenheit erinnern, nur daran, wie ich darüber schonmal getwittert hätte. Einbildung? Egak. Weiter geht’s. Tunnel Beach war auch der Hammer. Ist ‘n bisschen südlich von Dunedin. Parkst dein Auto an der Klippe und latscht erstmal ‘ne halbe Stunde den Berg runter. Kommst auf ner weiteren Klippe an und denkst dir: “Sie nennen es Beach. Hier muss irgendwo Strand sein?!” Und dann entdeckst du dieses Loch in der Erde, gehst drauf zu und entdeckst den langen Tunnelgang. Strandsand am Ende. Das muss es sein!

tunnel beach-6

Und dann kam das Rhythm and Alps Festival und ganz viel Gras. Und der Andi aus Berlin. Und Queenstown an Neujahr mit ganz viel Regen. Und die Game of Thrones Bücher. Es ist immer so, es gibt Bücher, die sind grade Hype und die lesen dann alle. Derzeit ist es Game of Thrones. Zu recht. Völlig zu recht. Und mir fehlen mittlerweile die Wörter. So viel schon wieder geschrieben. Der Januar war wieder wie der November. Arbeiten und am Wochenende raus. Kaikoura. Süßes Meeresörtchen mit Halbinsel zum drauf wandern und Wale und Seelöwen entdecken. Irgendwo ist hier auch noch das Walvideo vergraben.

kaikoura-46

Udn jetzt sitze ich hier in Nelson, habe das Reisen vor mir, genieße die Pause. Pause von allem. Tief Luft holen. Kraft tanken. Ein bisschen was von dem Enthusiasmus erhaschen, der tief verborgen in mir schlummert.

10. December 2012
by katrin
1 Comment

The Glumm. Eine Empfehlung.

Seltsamer Gedanke. Wir existieren alle in fremden Wohnzimmern zwischen 64 Seiten starken Sammelmappen und Fotobüchern und haben keinen blassen Schimmer davon. Wir verstauben im Hintergrund von Fotografien, von denen wir vergessen haben, dass sie je gemacht wurden, wir sind ahnungslos verstaubende Personen, weltweit inkognito publiziert.
aus: Backdoor Man

Herr Glumm. Herr? Glumm in jedem Falle. Wer Geschichten mag, der wird … – puh, grade noch gerettet. Oder auch: Was der Fred für den Fußball, ist der Glumm für den ganzen dreckigen Rest. Und wo ich schonmal so weit draußen hänge, genieße ich noch ein wenig die Frischluft und ihr könnt derweil hier weiterlesen.

9. December 2012
by katrin
0 comments

Paprika.

Ich habe nie sonderlich viel Wert auf Paprika gelegt. Sie war mir egal. Sie war immer ein Gemüse, dass vergleichsweise günstig war, daher leicht den Kochtopf befüllte, grundsätzlich als gesund gilt und daher häufig in meinem Einkaufskorb landete. Dann kam ich nach Neuseeland und im Winter kostet Paprika umgerechnet gut 3,- Euro. Pro Stück. Genau. Lest diesen Satz ruhig noch einmal. Worauf ich aber hinaus will, ist, plötzlich, so völlig ausm Nichts, hab ich voll den Appetit auf Paprika. Jedes Mal schleiche ich um das Paprikafach im Supermarkt und hoffe, dass der Preis sich ausnahmsweise mal aufs Kilo bezieht. Aber nein, pro Stück. Und wieder greife ich nicht zu. Mein durch europäische und deutsche Subventionen versautes Preis- und Wertgefühl ist einfach stärker.

Aber Neuseeland wäre nicht Neuseeland, wenn es nicht auch ein Happy End gäbe. Oder wie der Typ aus Best Exotic Marigold Hotel sagte und es auch sonst so schön heißt: “All’s well at the end. And if it’s not well, it’s not the end!” Mittlerweile haben wir Sommer und sind bei 1,20,- Euro pro Stück angekommen und ich habe endlich meine erste neuseeländische Paprika genossen.

3. December 2012
by katrin
0 comments

south island bits.

es ist ein bisschen ein kleines chaos. so klein, dass ich direktamente mal auf die großbuchstaben verzichte. gestern das erste mal puff geraucht. puff… fragt nicht, wer sich diesen namen ausgedacht hat. puff, auf jeden fall, ist irgendsoein kraut, das nach einer mischung aus kaubonbon riecht und nelkenzigaretten schmeckt. und begeht bloß nicht den fehler, direkt im anschluss an eine puffzigarette an einer pfeife zu rauchen. der tabakrauch wird sofort zu tabaksaft, und wer unter euch schonmal kautabak probiert, wird meinen ekel nachvollziehen können. nicht schön, nein nein. puff? werdet ihr weuch jetzt fragen, was ist denn dieses puff nun schon wieder? puff, meine lieben, ist das legale gras neuseelands. da kann man hier einfach in den headshop laufen und für umgerechnet 20,- euro ein tütchen davon kaufen. oder online für weniger geld. anyways. gestern mal dran gezogen. zum glück nur 2-3 mal. hat schon gereicht, um ein mehrstimmiges hallelujah in mir ertönen zu lassen. das zeug kickt quasi sofort. im grunde sind die wirkungen ähnlich wie bei marihuana. kichern, quatschen, wegklatschen. bei mir kam noch eine kleine prise amphetamin-style kopfkino dazu. und der boden war plötzlich schief. lustigerweise auch heute morgen noch, als ich aufgestanden bin. komisches gefühl, den berg hoch zum kühlschrank zu laufen. 60 minuten wirkzeit. kchchch…

anyways. ich war ja eine weile weg vom blogfenster. passiert ist wahnsinnig viel. ich bin mittlerweile in christchurch, hab hier zwei jobs und muss endlich mal geld verdienen. ich bin nämlich pleite. etwas überraschend erst jetzt, dafür aber richtig. und weil pleite sein erst so richtig spaß macht, wenn man sich nicht drum kümmert, hab ich das bis heute dann auch mal gemacht. neue erfahrungen und so. ihr kennt das. stattdessen habe ich meine zeit mit einem netten jungen herren verbracht. neue erfahrungen und so. ihr kennt das.

und dann habe ich noch so viele ideen für mein kleines schatzkästchen. eine statistik über die ersten monate hier. bilder, bilder, bilder. die route nachmalen. noch mehr bilder. ein bisschen poesie. so viele ideen, aber keine zeit. es ist wie mit dem sand und den förmchen. dabei habe ich endlich mal das bilderbuchneuseeland gesehen. ich musste auch glatt ein tränchen verdrücken. schön. unwirklich. unfassbar überwältigend.

und hier ein photo mit harry, rico und mir. hab ich euch harry und rico eigentlich schon vorgestellt? die beiden sind meine travel companions. harry kommt ursprünglich aus schottland und hat sich dort heimlich in den rucksack meiner lieben freundin a. geschmuggelt. schottland ist zwar super, aber berlin ist halt auch schön. dann hat ihn aber wieder das fernweh gepackt und deshalb durfte ich ihn 2009 mit nach indien nehmen. und nach einem dann immerhin 2,5-jährigen erneuten zwischenstopp in berlin ist er nun mit mir in neuseeland unterwegs. rico ist erst ganz neu dabei. rico is ‘ne berliner schnauze, der auch mal raus musste. immer nur flachland hält ja keiner aus. und hier sind wir nun. im hintergrund seht ihr übrigens das bilderbuchneuseeland am lake tekapo. der himmel ist grandios überbelichtet, aber der rest sieht wirklich so unnatürlich aus. unnatürlich schön.

26. October 2012
by katrin
0 comments

mutig sein.

Ich hatte das hier schonmal. Die Sache mit dem Mut und dem alleine in ein anderen Land gehen. Ja, es tut mir leid. Ich muss den kalten Kaffee nochmal in die Mikrowelle stellen. Weil, jetzt hab ich die Antwort, weshalb mir selbst das alles so überhaupt nicht mutig vorkommt. Ich kann nämlich Englisch sprechen, ziemlich gut sogar. Und die Kultur und die Mentalität (und wie das nicht alles heißt) der Menschen hier in Neuseeland ist im Vergleich zu Deutschland ziemlich ähnlich. So weit, so keine Herausforderung.

Mutig sind für mich die, die kein verficktes Wort Englisch reden können, niemanden hier kennen und trotzdem in dieses fremde, andere Land gehen. Einfach, weil irgendwas sie so sehr an diesem Land reizt, dass es ihnen egal ist. Sie können kein Wort, aber haben die Sache mit den Händen und Füßen und drauf zeigen raus. Ich würde ja innerhalb weniger Tage in tiefste Depressionen verfallen und den lieben langen Tag von Café zu Park zu Laptop hangeln. Oder alles zusammen. Was weiß denn ich. Ich war ja noch nie in dieser Situation.

Aber vielleicht lerne ich auch einfach Spanisch als nächstes. Dann kann ich zwei Drittel der meistgesprochenen Sprachen auf diesem Planete und muss nicht ganz soviel Mut aufbringen für meine nächsten Reisen.

22. October 2012
by katrin
0 comments

“the prison”. “Arbeitslager”. Kapital. Und ein paar gute Worte mittendrin.

DISCLAIMER Du bist auf dem Weg nach Neuseeland für ein paar Monate Working Holiday und zufällig hier auf meinem Blog gelandet? Zu allererst: Viel Spaß! Zum nachfolgenden Artikel. Dieser Artikel ist von Oktober 2012 und spiegelt meine persönliche(!) Meinung in meinem eigenen Schreibstil. Plus, je mehr Zeit zwischen diesem Artikel und der Zukunft (deiner jetzigen Gegenwart) liegt, desto mehr kann sich verändert haben.

Duncannon. Der Name klingt nach mittelalterlichem Schloss hoch oben in den Bergen Schottlands. Das mit dem mittelalterlich stimmt soweit – wenn man Schloss durch Festung ersetzt und sich ein paar krude Regularien dazu denkt. Das Duncannon in Blenheim. Wir nannten es liebevoll “the prison”. Weil die Bungalows noch weniger Charme versprühen als jedes Schullandheim in Deutschland und mehr nach funktionalem Lager aussehen denn nach Hostel (was es offiziell ist). Weil man keinen Alkohol trinken darf. (Ok, man darf den nur in seinem Zimmer trinken, nicht aber in den communal areas, aber hey. Zum Grund dafür komme ich gleich.) Weil man nur an zwei ausgewiesenen, immerhin überdachten Ecken rauchen darf, nicht aber auf dem restlichen unter-freiem-Himmel-Gelände (selber Grund wie beim Alkohol, aber ad absurdum geführt in der Umsetzung). Weil sie das Geschäftsmodell work&stay-packages verfolgen. Weil sie für die Bereitstellung von Vans für die Fahrt zur Arbeit das Doppelte von dem verlangen, was ortsüblich ist.

Hideaway Lodge. Der Name klingt nach verträumter Oase mitten im Nirgendwo. Das mit dem mitten im Nirgendwo stimmt soweit – wenn man Oase durch schmucklose Bungalowsiedlung ersetzt und sich ein paar Kakerlaken in der Größe meines Mittelfingers dazu vorstellt. Die liebevolle Bezeichnung “Arbeitslager” stammt von einer hiesigen Freundin, die mal zu Besuch war und rückwärts wieder rausgestolpert ist. Das Hideaway hat mit dem Duncannon das Funktionale gemein. Es ist ein Ort für Saisonarbeiter und solche, die es werden wollen. Allerdings muss ich das Hideaway gleich mal ein wenig in Schutz nehmen. Der Besitzer und Manager ist nämlich eine Seele von Mensch und kümmert sich großartig darum, uns mit Jobs zu versorgen. Und wer kein Auto hat, kann immer kostenlos 2x am Tag mit dem Hostelvan in die Stadt gefahren werden oder eben zur Arbeit, wenn nötig. Und sowas wie Alkoholverbot oder solche Scherze gibt’s hier auch nicht, trotz Leuten von den Inseln.

Aber kommen wir zu ein paar Erklärungen mit ein paar subjektiven Einfärbungen. Die Sache mit dem Alkohol und dem Rauchen, vor allem die Sache mit dem Alkohol. Das Duncannon beherbergt eine ganze Reihe an sogenannten RSE-Arbeitern. RSE steht für Recognised Seasonal Employer (Scheme), hier der Link zur offiziellen Seite des Department of Labour. Das Duncannon fungiert also als Arbeitgeber für Saisonarbeiter, die hier in Neuseeland meist von den Inseln nördlicherseits kommen, also Tonga, Wanuatu, Samoa usw. (Für die Hideaway Lodge gilt das nur eingeschränkt, die sind “nur” anerkannter Wohnort.) Saisonarbeiter werden – ähnlich wie in Deutschland für die Spargel- und Erdbeerernte – dringend gebraucht, um die schiere Menge an anfallender Erntearbeit erledigen zu können. Diese Notwendigkeit trifft dann auf Einwanderungspolitik westlicher Art und wird eben in besagtem RSE-Programm organisiert. Mit entsprechenden Bedingungen, Regularien und Vorschriften, wie sich das für eine ordentliche Einwanderungspolitik halt so gehört. Die Saisonarbeiter von den ökonomisch dritt-welt-lerischen pazifischen Inseln dürfen sich schließlich glücklich schätzen, wenn sie eines der begehrten Visa erhalten und hier in Neuseeland vergleichsweise viel Geld verdienen dürfen. Was sie gefälligst wieder nach Hause tragen sollen anstatt es hier für ihre eigenen Freuden zu verbraten. Und schlussendlich sind sie zum Arbeiten hier, nicht zum Trinken. Dass die Leute von den Inseln hier auf eine freiheitlich-kapitalistische Kultur treffen, in der ihnen den ganzen Tag lang vorgelebt wird, dass man selbst über sein Leben entscheiden kann und das verdiente Geld einem selbst “gehört” und man (vermeintlich) selbst entscheiden kann, wofür man das so ausgibt, wird nirgendwo erwähnt, geschweige denn problematisiert. Zu selbstverständlich ist auch hier die Annahme, dass man den Menschen von den Inseln ja etwas Gutes tut. Dass Neuseeland ein großer Haufen verfaulendes Obst wäre, gäbe es diese Saisonarbeiter nicht, wird wohl nur hinter vorgehaltener Hand in verschlossenen Zimmern geflüstert.

Soviel zur Arroganz des Westens. Auf der anderen Seite stehen die Familien und z.T. Communities, deren tatsächlich einzige Chance, an Geld via Arbeit zu kommen, eben diese Saisonarbeit in Neuseeland ist (und in Australien). Ihr erinnert euch an meinen Post über Leute, die aus Asien oder Südamerika hierher kommen und das vornehmlich, um Geld fürs spätere Studium o.ä. zu verdienen? Gleiche Geschichte. Dementsprechend sind die Vorschriften und Verbote durchaus auch erwünschte Regularien von Seiten der Community-Oberhäupter und Politiker auf den pazifischen Inseln. Und neben der ökonomischen Komponente gelten die RSE-Worker auch als Repräsentanten für die Inseln, auf denen Australier und Kiwis ihren Urlaub machen sollen. Da sind unangenehm auffallende Zeitgenossen eher weniger hilfreich.

Mhmmm, nun jaaa – mag sich die eine oder der andere nun denken – wenn das beide Seite so wollen, dann wollen das beide Seiten so. Da kannste als dahergelaufener Europäer jetzt auch nicht viel dran aussetzen. Und in der Tat. Dieser Punkt hat mich in meiner anfänglichen Empörung auch erstmal wieder ruhig werden lassen. Aber was mich weiterhin keksig macht an der ganzen Sache, ist das Unbehagen, dass Neuseeland am längeren, finanziellen Hebel sitzt und damit in einer Machtposition steht, die Bedingungen zu diktieren. Es ist das alte Spiel. Arbeitskraft auf der einen Seite. Arbeitgeber auf der anderen Seite. Und dazwischen und drumherum Lebenswelten, die auf montärem Kapital aufgebaut sind und ihre Netze der Abhängigkeit spinnen.

Zum Schluss nochmal kurz was zum Duncannon und den work&stay-packages. Das funktioniert so: Die Leute, die Arbeiter brauchen, rufen bei den Hostels an und fragen, ob es dort Backpacker gibt, die gerade Arbeit suchen. Und je mehr Leute von einem Hostel kommen, desto einfacher ist die Orga drumrum (Transport usw.). Einige Hostels bauen darauf nun ihr Geschäftsmodell auf, indem sie zu den Arbeitgebern sagen, ja wir organisieren das für euch. Und damit sich der Aufwand auch lohnt, muss man als Arbeiter dann in deren Hostel wohnen. (Wenn man einen eigenes Auto hat und relativ guten Kontakt zum Supervisor/Manager des Arbeitgebers aufbaut, kann man diese Situation schnell ändern, aber das muss man auch erstmal wissen.) Das Duncannon ist dabei noch einer der angenehmeren Orte. Die facilities sind nüchtern, aber sehr sauber und die Angestellten kümmern sich und helfen bei allen Problemen, soweit es ihnen eben möglich ist. Von Orten wie dem Kiwibunker oder dem Cherry House in Blenheim oder dem Hairy Berry in Te Puke habe ich da wesentlich Schlimmeres gehört. Vor allem das Hairy Berry soll wohl durch seine ausnehmende Dreckigkeit und Sorglosigkeit hervorstechen.

Grundsätzlich kann ich aber nur empfehlen, von work&stay-packages die Finger zu lassen. Es geht immer auch irgendwie anders. Ja, es ist 2012, aber Neuseeland funktioniert nach wie vor am ehesten über persönliche Kontakte. Was im Netz an Farmarbeit zu finden ist, spiegelt lediglich gefühlt 25% der Saisonarbeit wieder. Alles andere läuft eben darüber, dass die Farmmanager bei den Hostels anrufen. Das Internet ist für mich mittlerweile mehr so ein Fingerzeig geworden, in welchen Regionen gerade ungefähr welche Arbeit zu finden ist. Für alles weitere fahre ich dann vor Ort.

12. October 2012
by katrin
1 Comment

Früher habe ich viel gelesen.

Stundenlang, ja tagelang konnte ich mich zwischen zwei Buchdeckeln vergraben und in die Welten eintauchen, die dort beschrieben waren. Stück für Stück die Landschaften mit Leben erfüllen. Ereignis um Ereignis mit den Figuren leiden, lachen und mitfiebern. Unmengen an Büchern habe ich aus den Bibliotheken meiner Kindheit und Jugend nach Hause geschleppt. Ich weiß noch, damals in der 3. oder 4. Klasse, hatte ich alle Bücher in unserer Schulbibliothek bereits gelesen und ich griff zu den Eisenbahnmagazinen. Schlicht, um irgendwas zu lesen zu haben.

Irgendwann nachdem die Schulzeit ging und bevor das Internet kam, hörte es auf. Es auf das Studium zu schieben, erscheint mir zu einfach. Es gab immer wieder diese Momente, in denen ich ein Buch zur Hand nahm und die Welt um mich herum vergaß, bis das letzte Wort als Puzzlestück eines fiktionalen Lebens seinen Platz einnahm. Nick Hornby und Armistead Maupin können ein Lied davon singen. Auch die Unmengen an gekauften und gelesenen Büchern (jaja, das eine bedingt nicht zwangsläufig das andere, viele von euch wissen das) aus den vergangenen zehn Jahren sind ebenfalls Beweis einer nie gestillten Sehnsucht.

Aber irgendetwas ist anders. Heute stand ich in der Biblithek und beobachtete eine Renterin, wie sie vier, fünf Romane und ein 1000-Teile-Puzzle für die nächsten zwei Wochen mit nach Hause nahm. Ich dachte an die Bücher, die ich in den vergangenen Wochen in der Hand hatte. Ein sehr guter Krimi war dabei. Charaktere mit Substanz. Mehrere Stränge und gute Twists. Mein Herz schlug schneller je weiter sich die Erzählung dem Ende neigte. Früher hätte ich für die rund 250 Seiten zwei Abende gebraucht. Dieses Mal war es gut eine Woche.

Es ist die Aufmerksamkeitsspanne, die kürzer geworden ist. Selbst, wenn niemand um mich ist. Selbst, wenn es keine Todos und keine Deadlines gibt. Selbst, wenn alles um mich herum ruhig ist. Es geht nicht mehr. Lesen ist etwas geworden, das zwischendurch oder abends vor dem einschlafen passiert. Ich hoffe, das wird sich irgendwann wieder ändern.